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Medizin

Eiweiße machen Stammzellen böse

Bauchspeicheldrüsenkrebs: Keine Metastasen ohne Tumorstammzellen

Bauchspeicheldrüsenkrebs gilt als äußerst aggressiv und praktisch unheilbar. Typisch sind die frühe Metastasenbildung und die ausgeprägte Resistenz gegenüber Bestrahlung und Chemotherapie. Forscher haben nun nachgewiesen, dass Tumorstammzellen schuld am „Streuen“ beim Pankreaskarzinom des Menschen sind. Wie sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Cell Stem Cell“ berichten, handelt es sich dabei um Zellen, die allein die Invasion anderer Gewebe bewirken. Ohne diese Stammzellen konnte der Bauchspeicheldrüsentumor immer noch wuchern, aber keine Metastasen bilden.

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„Wir wollen diese Zellen jetzt molekular charakterisieren“, Professor Christopher Heeschen vom Klinikum Großhadern der Universität München. „Denn das wird vermutlich von elementarer Bedeutung sein für die Entwicklung neuer Therapieansätze, die letztlich die Eliminierung aller Tumorzellen zum Ziel haben müssen.“

Stammzellen sind undifferenzierte Zellen, die sich in alle Zelltypen des Körpers entwickeln können. Teilen sie sich, so entstehen jeweils eine neue Stammzelle und ein Vorläufer des benötigten Zelltyps. Ihre besonderen Fähigkeiten erlauben Stammzellen unter anderem, beschädigtes oder zerstörtes Gewebe im Körper zu ersetzen. Sie könnten – so die Hoffnung vieler Ärzte und Patienten – dank ihres nahezu unerschöpflichen Potentials zur Erneuerung und Differenzierung bei der Therapie degenerativer Krankheiten helfen.

Doch seit einigen Jahren häufen sich die Hinweise, dass genetisch veränderte Stammzellen auch bei Krebs eine wichtige Rolle spielen. Viele Forscher vermuten sogar, dass derartige Zellen für die Entstehung aller bösartigen Tumore essentiell sind wie auch für deren Wiederkehr. Vollständig geheilt wäre eine Krebserkrankung damit nur dann, wenn auch alle Krebsstammzellen eliminiert wurden. Krebstherapien zielen bislang vor allem darauf ab, so viele Tumorzellen wie möglich zu vernichten – oft auch mit vermeintlich großem Erfolg. Krebsstammzellen machen nur einen kleinen Teil eines Tumors aus, entgehen in vielen Fällen aber den gängigen Behandlungen, weil sie über besondere Mechanismen der Entgiftung verfügen.

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Tumorstammzellen genetisch verändert?

„Wir konnten auch im Gewebe menschlicher Pankreasgeschwulste Zellen nachweisen, die Tumorwachstum auslösen können und gegen Chemotherapie hoch resistent sind“, so Heeschen. „Tumorstammzellen sind vermutlich genetisch veränderte, ehemals normale Stammzellen und ähneln diesen, weil sie sich selbst erneuern und verschiedene Populationen differenzierter Zellen hervorbringen können.“

Die Tumorstammzellen aus den Pankreaskarzinomen trugen an ihrer Oberfläche das Protein CD133, welches typisch ist für normale und bösartige Stammzellen. „Eine kleine Gruppe der Tumorstammzellen spielt offensichtlich eine Schlüsselrolle bei der Streuung der bösartigen Zellen“, berichtet Heeschen. „Wir haben sie nämlich insbesondere im umliegenden gesunden Pankreasgewebe gefunden, der invasiven Front des Tumors.“ Diese Zellen trugen an ihrer Oberfläche neben CD133 auch das Protein CXCR4. Ihre Isolation und Implantation in Mäuse führte zur Entwicklung eines metastasierenden Karzinoms. Die Metastasierung konnte aber durch die vorherige Blockierung des CXCR4-Proteins aufgehoben werden. Reines Tumorwachstum ohne Metastasierung zeigten Mäuse, die mit CD133-Tumorstammzellen ohne CXCR4 injiziert wurden.

Warum Tumore wandern

„Schließlich zeigten erste Untersuchungen an Patientengewebe, die wir in München durchgeführt haben, dass Tumoren mit einem hohen Anteil an bösartigen Stammzellen mit CXCR4 an der Oberfläche eine gesteigerte migratorische Aktivität aufweisen“, berichtet Heeschen. „Dieses Szenario konnten wir besonders häufig bei Patienten nachweisen, die an einem metastasierenden Karzinom litten.“

Diese Ergebnisse zeigen erstmals, dass den CD133 und CXCR4 tragenden Tumorstammzellen in der invasiven Front eine Schlüsselrolle bei der Metastasierung des humanen Pankreaskarzinoms zukommt. „Außerdem haben wir eine Möglichkeit aufgezeigt, die Tumorstammzellen des Pankreas zu züchten“, berichtet Heeschen. „Das kann beim Test potentieller Medikamente von großem Nutzen sein. Insgesamt ergibt sich dank unserer Resultate eine neue Richtung für die Entwicklung von dringend benötigten effektiveren Therapien für diese meist tödlich verlaufende Krankheit.“

(idw – Universität München, 18.09.2007 – DLO)

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