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Biologie

Schimpansen: gestohlene Früchte als „Morgengabe”

Männchen nutzen Beute von Frucht-Raubzügen um Gunst von Weibchen zu gewinnen

Erwachsenes Schimpansenmännchen auf Beutezug © Public Library Of Science

Der Weg zum Herzen einer Schimpansendame geht durch ihren Magen – und männliche Bewerber um ihre Gunst handeln entsprechend. Wie Wissenschaftler in Westafrika entdeckten, stehlen dort Schimpansenmännchen besonders leckere Früchte von örtlichen Farmen und bringen sie den Weibchen als „Morgengabe“, um so ein Rendezvous mit ihr zu ergattern.

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Forscher der Universität von Stirling untersuchten das Verhalten wilder Schimpansen nahe dem westafrikanischen Dorf Boussou in der Republik Guinea. Dabei zeigte sich, dass die männlichen Affen der beobachteten Gruppe regelmäßig Beutezüge in die Felder der Bauern unternahmen, um reife Früchte zu stehlen. Das Besondere daran: Zur Gruppe zurückgekehrt, teilten die Affenmännchen ihre Beute mit anderen Gruppenmitgliedern.

Teilen von Beute eher ungewöhnlich

Dieses Teilen der Beute mit nicht-verwandten Artgenossen ist unter Schimpansen normalerweise extrem selten, zumindest wenn es sich um pflanzliche Nahrung handelt. Einige Gruppen teilen manchmal Fleisch untereinander, wenn gemeinsam gejagt wurde. Dieses dient dann mehr der sozialen Bindung und der Festigung von Allianzen als der reinen Ernährung. Ein solches Verhalten nun auch bei Früchten zu finden, ist nach Ansicht der Forscher sehr ungewöhnlich.

„Wir glauben, dass die Männchen Ernte-Raubzüge als eine Möglichkeit nutzen, um ihre Tapferkeit gegenüber den anderen Gruppenmitgliedern, besonders den Weibchen, hervorzuheben“, erklärt Kimberley Hockings von der Universität von Stirling in der Fachzeitschrift PloS ONE. „So ein wagemutiges Verhalten scheint tatsächlich eine attraktive Eigenschaft zu sein und der Besitz einer begehrten Frucht, wie beispielsweise einer Papaya, zieht positive Aufmerksamkeit der Weibchen auf sich.“

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Tausche Frucht gegen Sex

Die Wissenschaftler stellten fest, dass die erwachsenen Männchen ihre Beute meist mit Weibchen im fortpflanzungsfähigen Alter teilten. Am meisten profitierte ein Weibchen in der Gruppe, das sich häufig zu „Rendezvous“ mit Männchen an den Rand der Gruppe zurückzog und sich dort mit ihnen paarte. „Das Männchen, das das meiste Futter mit diesem Weibchen teilte, ergatterte auch die meisten Rendezvous mit ihr und wurde von ihr auch häufiger gegroomt als alle anderen Männchen, selbst als die Alpha-Männchen“, so Hockings. „Das bedeutet, dass die männlichen Schimpansen angeben und ihre verbotenen Früchte gegen andere Währungen eintauschen – beispielsweise Frucht gegen Sex und Grooming.“ Unter Grooming versteht man die soziale Fellpflege, das „Lausen“ der Affen.

Doch die Beobachtungen geben auch Einblicke in die evolutionäre Basis des menschlichen Nahrungsteilens. Denn auch bei uns ist das Besorgen von bestimmten Lebensmitteln deutlich geschlechtsspezifisch: „In vielen Jäger und Sammler-Kulturen sind es die Männer, die besonders große oder risikoreiche Nahrung jagen – und oft werden diese dann als Statussymbol und Mittel zur Verbesserung des eigenen Ranges eingesetzt“, so Hockings.

(Public Library Of Science, 12.09.2007 – NPO)

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