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Biologie

Klimawandel: Mehr Pflanzenwachstum, aber weniger Nährstoffe

Erster Freilandversuch testet Auswirkungen eines erhöhten CO2-Gehalts auf Kulturpflanzen

Agrarforscher Weigel auf den Braunschweiger Versuchsfeldern © M. Welling

Welche Erträge bringen Kulturpflanzen, wenn der Kohlendioxid -Gehalt der Atmosphäre im Zuge des Klimawandels weiter steigt? Dieser Frage geht eine in „Nature“ veröffentlichte Studie deutscher Forscher nach. Erste Freilandversuche unter erhöhtem CO2-Gehalt deuten daraufhin, dass das Wachstum zwar gefördert wird, aber dafür der Nährstoffgehalt zurückgehen könnte.

Weltweit gibt es nur wenige Erkenntnisse über das Verhalten von Pflanzen, die auf der freien Ackerfläche in einer veränderten Atmosphäre wachsen. Kein Wunder: Solche Experimente unter freiem Himmel sind äußerst aufwändig. Im Rahmen eines FACE-Projekts (Free Air Carbon Dioxide Enrichment) hat ein Team um Professor Hans-Joachim Weigel aus dem Institut für Agrarökologie der FAL in Braunschweig über sechs Jahre untersucht, wie sich die Erträge und die Qualität von Winterweizen, Zuckerrüben und Wintergerste in einer Fruchtfolge verändern, wenn die Luft über dem Feld nicht die heute üblichen 380 ppm Kohlendioxid aufweist, sondern 550 ppm – ein Wert, der in etwa 50 Jahren erwartet wird.

Allgemein geht man von einem „CO2-Düngeeffekt“ aus, da die Pflanzen CO2 für ihre Photosynthese nutzen und bei einem verstärkten Angebot dieses Gases besser wachsen können. Doch – und hier setzt der Nature- Artikel an – wie hoch ist dieser Zuwachs wirklich und wie verhält es sich mit den Qualitätseigenschaften des Ernteguts?

Stärkeres Wachstum aber weniger Proteine

Zwar gehen Wissenschaftler wie der amerikanische Bodenforscher Bruce Kimball aus Arizona aufgrund ihrer Experimente mit einer angereicherten Atmosphäre davon aus, dass sich ein erhöhter CO2-Gehalt generell positiv auf die Ertragshöhe auswirkt, doch kann es manche unverhoffte Überraschung beim Nährwert geben. Denn der Eiweißgehalt bei vielen Pflanzenarten war in den Experimenten deutlich reduziert. Vielleicht könnte hier eine verstärkte Stickstoff-Düngung helfen, denn Stickstoff ist eine wichtige Komponente bei der Eiweißsynthese.

Innerhalb der FACE-"Begasungsringe" ist die CO2-Konzentration der Atmosphäre auf 550 ppm eingestellt © FAL

Diese Erwartungen dämpft Hans-Joachim Weigel: „Bei manchen Feldfrüchten bräuchte man dazu mehr Dünger, als man im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz vertreten kann“, resümiert er in dem Nature-Artikel. Grund für diese Einschätzung sind unter anderem Analysen aus Garching bei München.

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Dort hat Dr. Herbert Wieser von der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie (DFA) den Weizen aus Weigels FACE-Versuchen zu Brotmehl weiterverarbeitet und den Proteingehalt gemessen. Gerade die für die Backqualität entscheidenden Gluten-Eiweiße waren um rund 20 Prozent vermindert.

Rückgang von weiteren wichtigen Inhaltsstoffen

Bruce Kimball fand ähnliche Proteinverminderungen in Baumwollblättern. Durchaus wahrscheinlich, dass auch andere Pflanzen wie Weidegras bei höherem CO2-Gehalt weniger Eiweiß bilden. Die großen amerikanischen Rinderherden vor Augen wirft Kimball die Frage auf, wie wohl die pflanzenfressenden Nutztiere auf dieses reduzierte Eiweißangebot im Futter reagieren.

Und es gibt Anzeichen – unter anderem aufgrund von Untersuchungen der Arbeitsgruppe von Professor Andreas Fangmeier an der Universität Hohenheim – dass neben Proteinen auch andere für die Ernährung wichtige Inhaltsstoffe wie Vitamin C und mineralische Spurenelemente in den Pflanzen zurückgehen. „Auch wenn es keinen Anlass für Panik gibt, sollten wir diese Ergebnisse ernst nehmen“, sind sich Kimball und Weigel in dem Nature-Artikel einig. Und Weigel gibt zu bedenken: „Noch haben wir zu wenig Datengrundlagen, um all diese Dinge seriös abschätzen zu können.“

Doch warum ist es so wichtig, möglichst jetzt schon zu wissen, wie die Pflanzen auf das veränderte CO2-Angebot in 50 Jahren reagieren? Den Forschern ist klar, dass die Züchtung neuer Sorten eine lange Vorlaufzeit braucht. Wenn man also auch künftig Kulturpflanzen zur Verfügung haben will, die optimal an die äußeren Gegebenheiten angepasst sind, sollten die Züchter so früh wie möglich wissen, welche Parameter sie in ihre Zuchtprogramme aufnehmen müssen.

(Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), 05.09.2007 – NPO)

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