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Biologie

43 neue Tierarten auf Madagaskar entdeckt

Hohe Zahl unbekannter Tausendfüßer und Insekten

Eine noch namenlose Art von madagassischen Feuertausendfüßern (Aphistogoniulus sp.). Die hier gezeigten giftigen Tiere sind etwa 15 Zentimeter lang und besitzen eine auffällige Warnfärbung © K. Schütte, Zoologisches Institut und Museum Hamburg

Die Artenvielfalt der Insel Madagaskar ist legendär. Jetzt hat die Natur hier erneut für Überraschungen gesorgt: Gleich 43 neue Arten von Tausendfüßern und Insekten haben deutsche Forscher im Südosten der Insel entdeckt.

Trotz der hohen und weltweit einmaligen Artenvielfalt ist die Insel Madagaskar immer noch in vielen Bereichen unerforscht, in den letzten Jahren konnten hier sogar einige neue Affenarten entdeckt werden. Ein besonders hoher Anteil der Tier- und Pflanzenarten kommt einzig auf Madagaskar vor und ist daher stark gefährdet. Daher gilt der Inselstaat zu den zehn größten Brennpunkten der Artenvielfalt. Besonders bedroht ist die Biodiversität im Untersuchungsgebiet eines durch die Universität Antananarivo koordinierten Inventurprojekts im Südosten Madagaskars. Hier existieren von den einzigartigen, verschiedenen Lebensräumen meist nur noch mosaikartige Reste.

Die Forscher des Projekts, darunter auch Wissenschaftler des Museums Koenig, Bonn und des Biozentrum Grindel und Zoologischen Museums der Universität Hamburg, haben daher das Ziel zumindest Teile der einzigartigen und bedrohten Vielfalt für die Wissenschaft zu erfassen, bevor sie für immer verschwunden sind. Zwei Doktoranden, Kai Schütte aus Hamburg und Thomas Wesener aus Bonn haben nun ungewöhnlich viele neue, der Wissenschaft nicht bekannte Arten von Tausendfüßern und Insekten entdeckt.

Kugeltausendfüßer so groß wie eine Apfelsine

Die gefundene Vielfalt war einmalig: Wesener fand insgesamt 29 neue Arten von Tausendfüßern, davon elf neue Arten von Riesenkugeltausendfüßern. Die Tausendfüßer Madagaskars sorgen nicht nur durch das Fressen von totem Laub und Holz für eine unverzichtbare Humusproduktion als Nährstoff für den Wald, viele der neu entdeckten Arten kommen auch nur in einem sehr kleinen Verbreitungsgebiet vor, sind mikroendemisch. Häufig fanden sich bereits im nächsten, wenige Kilometer entfernt liegenden Wald andere Arten.

Verschiedene Riesenkugler (Sphaeromimus musicus und Zoosphaerium blandum). Die Tiere ernähren sich ausschließlich von trockenem Laub. Die hier gezeigten Arten kommen im Trockenwald Madagaskars vor und erreichen etwa die Größe von Pingpong Bällen. © T. Wesener, ZFMK

Als Besonderheit Madagaskars gelten die sich zu einer kompletten Kugel einrollenden Riesenkugeltausendfüßer. Diese sehr alte Tiergruppe, deren Vorfahren bereits zur Zeit der Dinosaurier lebten, kommt mit besonders vielen einmaligen Arten auf Madagaskar vor. Die Tiere erreichen auf Madagaskar in einigen Arten die Größe einer Apfelsine und damit den Größenweltrekord. Weiterhin besitzen alle auf Madagaskar lebenden Arten in beiden Geschlechtern Zirporgane, die wahrscheinlich der Partnerfindung und Fortpflanzung dienen.

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Zufallsfund in der Laubstreu

An Insekten entdeckte Schütte acht neue Arten von Stabschrecken, zwei Gottesanbeterinnen und vier Libellen. Nur durch Zufall wurde eine der Stabschreckenarten gefunden. Sie befand sich in einer handvoll Laubstreu, das als Futter für eine spektakuläre neue Art eines 15 Zentimeter langen, blutrot- schwarz gefärbten Feuertausendfüßers gesammelt wurde.

Viele der erfassten Libellenarten werden Bestandteil der Roten Liste gefährdeter Arten sein, die von der Weltnaturschutzunion (IUCN) herausgegeben wird. Neue Libellen wurden vor allem in einem abgelegenen Tieflandregenwald entdeckt. Diese Lebensräume sind selten geworden, da sie oft am einfachsten vom Menschen genutzt werden können.

Vielfalt akut bedroht

Leider sind fast alle Wälder Madagaskars stark gefährdet. Schätzungen gehen davon aus, dass bereits 90 Prozent der natürlichen Vegetation Madagaskars in den letzten 2.000 Jahren seit der Besiedlung der Insel durch den Menschen zerstört wurde. Die Folgen für die Menschen und die Natur sind bereits jetzt katastrophal. Die 20 nun von den Forschern besuchten Restwälder sind häufig sehr klein und durch große, abgeholzte Bereiche voneinander getrennt. Große Flächen bestehen nur noch aus lebensfeindlicher Steppenlandschaft, die für Pflanzen und Tiere der Restwaldfragmente unüberwindbar ist.

Schreitet die Zerstörung im gleichen Ausmaß wie in der Vergangenheit fort, werden viele der Wälder und damit ihre einzigartigen Bewohner in zehn Jahren verschwunden sein. Damit wären viele der nur dort vorkommenden Tierarten ausgestorben bevor sie überhaupt entdeckt werden. Jetzt gibt es zumindest noch die Möglichkeit die gefundenen Arten zu benennen, ihre Besonderheiten und Lebensweise zu erfassen, sie für die Nachwelt zu konservieren und vielleicht durch die Ergebnisse die wenigen Schutzbemühungen zu intensivieren, um einige der einmaligen Lebensräume mit seinen Bewohnern zu erhalten.

(Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig, 29.08.2007 – NPO)

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