22 Jahre hat es gedauert, jetzt ist es endlich soweit: Britischen Forschern ist es erstmals gelungen, den Naturstoff Azadirachtin im Reagenzglas nachzubauen. Der Wirkstoff schützt bestimmte Pflanzen davor, von Insekten angeknabbert zu werden. Die Ergebnisse könnten vielleicht schon bald zu neuen umweltfreundlichen Insektiziden führen, so die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie.
{1l}
Pflanzen haben mehrere Verteidigungsstrategien, um Insekten abzuwehren. Bei der Untersuchung dieser Mechanismen entdecken Forscher häufig Moleküle mit interessanten biologischen Eigenschaften. Eine dieser Verbindungen ist Azadirachtin, das 1968 erstmals aus dem Neembaum, auch als Indischer Flieder oder Magosa bekannt, isoliert wurde. Von dessen botanischer Bezeichnung Azadiracta indica leitet sich auch der Name dieses Naturstoffs ab.
Azadirachtin ist eine hochwirksame Substanz, die die Entwicklung der Larven eines breiten Spektrums von Schadinsekten hemmt, für Säugetiere und nützliche Insekten und Kerbtiere, wie Bienen und Marienkäfer, dagegen weitgehend harmlos ist.
Die Struktur des kompliziert aufgebauten Moleküls wurde 1985 nach langer, intensiver Forschungsarbeit von Wissenschaftlern aufgedeckt und beschrieben. Versuche, die Verbindung im Labor herzustellen, waren bislang aber gescheitert. Gründe liegen unter anderem in den 16 Stereozentren des Moleküls, einem komplexen Muster sauerstoffhaltiger funktioneller Gruppen sowie einer Konformation und Reaktivität, die stark von intramolekularen Wasserstoffbrückenbindungen beeinflusst werden. Die Verbindung ist sehr lichtempfindlich und kann ihre Struktur durch innermolekulare Umlagerungen verändern.
Bald umweltfreundliche Insekzizide?
Bereits seit 22 Jahren waren die Forscher um Steven V. Ley von der University of Cambridge dabei, die Probleme zu lösen, die die Synthese dieser Verbindung stellte. Nun ist das Durchhaltevermögen reichlich belohnt worden. Unter den Schlüsselschritten ihrer Synthesestrategie finden sich eine so genannte Claisen-Umlagerung und eine neuartige radikalische Zyklisierungsreaktion.
„Während unserer Arbeit an dieser aufwändigen Synthese“, sagt Ley, „haben wir außerdem eine ganze Reihe neuartiger Methoden entwickelt, die von allgemeinem Nutzen bei der Synthese anderer wichtiger Moleküle sein werden.“ Ley erwartet, dass sich über diese erfolgreiche Syntheseroute einfacher aufgebaute Abkömmlinge von Azadirachtin entwickeln lassen, die stabil sind und so den Weg zu einer neuen Generation umweltverträglicher Insektizide eröffnen.
(idw – Gesellschaft Deutscher Chemiker, 23.08.2007 – DLO)