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Wo liegt Thule?

Forscher entzerren Weltkarte des Klaudios Ptolemaios

Klaudios Ptolemaios © copyright expired

Wo liegt eigentlich die fast mythische Insel im hohen Norden, die schon die alten Griechen rund 325 Jahre vor der Zeitenwende als „Thule“ bezeichneten? Wissenschaftler vom Institut für Geodäsie und Geoinformationstechnik der Technischen Universität Berlin (TUB) versuchen das Geheimnis zu lüften, indem sie die berühmte Weltkarte des Klaudios Ptolemaios entzerren.

Der griechische Geograf hatte die Weltkarte bereits im zweiten Jahrhundert nach der Zeitenwende entworfen. Darauf kommt auch Thule vor: Sechs Tagesreisen nördlich von Britannien sei diese Insel nach früheren Angaben zu finden, so Ptolemaios.

Fehler über Fehler

Genau bei solchen Daten aber liegt das Problem. Ptolemaios hat zwar mehr als 6.000 Orte zwischen China, Sri Lanka, Zentralafrika und Britannien in seinen Karten und Büchern genannt, die dazugehörigen geografischen Daten aber sind aus verschiedenen Gründen nicht immer richtig. So haben sich beispielsweise beim Abschreiben dieser Werke immer wieder Fehler eingeschlichen, die eine Interpretation der Karte schwierig machen. Viele Orte existieren aber auch längst nicht mehr oder ihr Name hat sich im Laufe der Jahrhunderte so stark verändert, dass er kaum noch wiedererkannt werden kann.

Weltkarte des Klaudios Ptolemaios © J. van Loon, copyright expired

Obendrein waren auch die ursprünglichen Angaben in der Weltkarte des Ptolemaios nicht immer völlig korrekt. So verließ sich der griechische Geograf oft auf die Aussagen anderer Forscher, die manchmal Jahrhunderte vor ihm lebten. Auch damals aber haben sich in der Überlieferung mit Sicherheit Fehler eingeschlichen. Obendrein wurden die Entfernungen zu der Zeit noch in Stadien gemessen, die aber nicht immer einheitlich lang waren.

Wer die Karte des Ptolemaios also im 21. Jahrhundert nutzen möchte, um zum Beispiel Thule oder andere historische Orte wieder zu finden, muss erst einmal alle diese Fehler aufdecken. Dazu ist es nötig, die Karte so lange zu entzerren, bis sie einer modernen Karte mit ihren relativ exakten geometrischen Angaben entspricht. Genau diese Aufgabe haben die TUB-Forscher Eberhard Knobloch, Dieter Lelgemann und Frank Neitzel in einem neuen Projekt in Angriff genommen.

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Von „Toletum“ nach „Barcino“

Zunächst einmal benötigen sie dabei die Hilfe des Altertumswissenschaftlers Andreas Kleineberg. Er hat aus den mehr als sechstausend Angaben des Ptolemaios moderne Orte zu identifizieren. Für manche Städte wie Toledo oder Barcelona funktioniert das recht gut, weil es sie noch heute gibt und ihre alten Namen „Toletum“ und „Barcino“ noch immer bekannt sind. Viele weitere Orte aber sind längst von modernen Landkarten verschwunden oder niemand weiß mehr, wo sie sein könnten. So gut es geht, versucht Kleineberg nun über Literaturstellen die modernen Bezeichnungen zu ermitteln. Seine Ergebnisse kennzeichnet er je nach Lage der Dinge auch noch mit „sicher“, „wahrscheinlich“ oder „unsicher“.

Danach vergleichen die Geodäten die historischen Werte für geografische Längen und Breiten mit den modernen Werten. Dabei entdecken sie so genannte grobe und systematische Fehler: Die erstgenannten haben sich beim Abschreiben der Manuskripte angehäuft, letztere entstanden dagegen, als genaue Regionalkarten nicht korrekt zu einer Gesamtkarte zusammengefügt wurden. Dadurch sind die verschiedenen Teile der Karte in unterschiedlichen Größenverhältnissen dargestellt und auch gegeneinander verschoben.

Geodätische Deformationsanalyse

Mit den Mitteln der „geodätischen Deformationsanalyse“ versuchen Neitzel und seine Kollegen, die Weltkarte deshalb in einzelne Bereiche mit einheitlichen Veränderungen oder Deformationen zu teilen. Speziell entwickelte Computerprogramme überführen dann die historischen Werte der jeweiligen Kartenteile mit möglichst einheitlichen Deformationen in moderne Breiten- und Längengrade. Dabei zeigte sich bereits, dass die Karte des Ptolemaios im Maßstab 2 zu 3 oder 5 zu 7 verzerrt ist. Lelgemann hat mit dieser Arbeit aber auch das Geheimnis von Thule gelüftet: Es handelt sich dabei um die Insel Smola vor der alten Königsstadt Trondheim in Norwegen.

(idw – Technische Universität Berlin, 21.08.2007 – DLO)

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