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Biologie

Enzyme: Computer hilt bei Jagd auf Zielmolekül

Programm identifziert passendes Substrat anhand der Enyzmstruktur

Blockade eines Enzyms: Im Zentrum ist ein dreidimensionales Bild des FK506-binding-protein FKBP38 zu sehen. Seine Oberfläche zeigt negativ geladene (rot), positiv geladene (blau) und hydrophobe (rot) Partien. Die neuroprotektive Substanz DM-CHX ist im Stäbchenmodell dargestellt. Im Hintergrund illustrieren mikroskopische Aufnahmen von Nervenzellen, wen die Blockadeaktion schützt. © Journal of Biological Chemistry / MPG

Was bewirkt ein Enzym im Körper? Für die Antwort auf diese Frage reichte es bisher nicht, die Struktur des Enzyms zu kennen. Jetzt aber haben Forscher eine computergestützte Methode so ausgebaut, dass sie aus der Struktur Rückschlüsse auf das Zielmolekül des Enzyms erlaubt.

In den letzten 40 Jahren haben Wissenschaftler die Methoden perfektioniert, um die komplexen Strukturen von Enzymen zu entschlüsseln. Doch noch immer gelingt es ihnen nicht, aus der Struktur die Funktion des Enzyms abzulesen. Was das Protein tatsächlich im Körper tut, muss mühevoll durch Versuch und Irrtum herausgefunden werden. Dieses Problem stellt einen großen Hemmschuh auch für die Entwicklung wirkungsvoller neuer Medikamente dar, denn die meisten von ihnen wirken durch die gezielte Blockade von ebensolchen Enzymen.

Docking-Programm verrät passendes Molekül

Jetzt sind einem Wissenschaftlerteam um Brian Shoichet und Steven Almo von der Universität von Kalifornien in San Francisco und Frank Raushel von der Texas A&M Universität erste Schritte hin zu einer Lösung dieses Rätsels gelungen. Wie sie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature beschreiben, haben sie erstmals die Funktion eines Enzyms direkt aus seiner Struktur abgelesen. Wenn die dabei eingesetzte neue Strategie sich bewährt, könnte sie zu einem wirkungsvollen Werkzeug für die Enzymforschung und damit auch zur Arzneimittelentwicklung werden.

Schlüssel zum Erfolg der neuen Methode war die Modifikation der Technologie des so genannten „molekularen Dockens“. Bei dieser in der Arzneimittelforschung eingesetzten Computer-unterstützten Technik bestimmten Wissenschaftler zunächst Atom für Atom die Struktur eines Enzyms und testen dann über eine Computersimulation Tausende von Molekülen darauf, ob diese in die so genannte aktive Bindungsstelle des Enzyms passen. Passt das Molekül, ist dies ein Hinweis darauf, dass das Enzym im Körper auf diesen Stoff wirkt, indem beispielsweise die spezifische Bindung die normale Molekülfunktion blockiert.

Doch eine andere Enzymwirkung konnte dieses Modell bisher nicht herausfinden: Es konnte nicht identifizieren, welches Molekül das Enzym erst aktiviert und dieses beispielsweise zu einem Katalysator für einen chemischen Prozess oder eine ganze Stoffwechselkaskade macht. Bis heute war es nicht möglich, dieses so genannte Substrat allein aufgrund der Struktur eines Enzyms zu bestimmen.

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Über Zwischenprodukte zum Substrat

Die Wissenschaftler erreichten dies nun, indem sie das Docking-Programm kurzlebige Zwischenprodukte der Enzymaktivierung simulieren ließen. Diese Moleküle sind instabil und treten nur auf, während das Enzym das Substrat katalytisch in eine neue Form umwandelt. Wegen ihrer Instabilität konnte ihre „Passform“ auf die aktive Bindungsstelle des Enzyms bisher in Versuchen nicht getestet werden.

Für ihre Experimente nutzten die Wissenschaftler ein Enzym des Bakteriums Thermotoga maritima, einer Mikrobe, die normalerweise an unterseeischen Vulkanschloten vorkommt und dort sehr hohe Temperaturen und Drücke unbeschadet überlebt. Ihre Enzyme wurden im Rahmen des Genstrukturprojekts, einem internationalen Programm zur Bestimmung der Struktur von Enzymen und Rezeptoren, bestimmt. Nach der Simulation im Docking-Programm testeten die Forscher die Enzymwirkung und das frisch identifizierte Substrat auch im Labor und bestätigten die Ergebnisse des Modells.

“Um ehrlich zu sein waren wir selbst sehr überrascht, dass der Docking-Ansatz funktioniert um das Substrat zu identifizieren”, erklärt Shoichet. „Es gibt so viele Wege, auf denen der Ansatz scheitern kann. Wir sind sehr froh.“

(University of California – San Francisco, 02.07.2007 – NPO)

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