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Geowissen

Innerer Erdkern mit spezieller Kristallstruktur

Bisher unbekannte Phase verändert alte Vorstellungen

Der innere Kern der Erde ist offenbar allein aus einer Eisen-Nickel-Legierung mit einer speziellen Kristallstruktur aufgebaut. Wie Wissenschaftler in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science berichten, enthüllten experimentelle und theoretische Untersuchungen erstmals die Existenz einer so genannten raum-zentrierten kubischen Phase der Legierung. Diese Erkenntnis könnte sich auch auf die bisherigen Vorstellungen über den flüssigen äußeren Kern auswirken.

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Der Erdkern, dessen Außenrand 2.900 Kilometer unter uns liegt, ist der bei weitem unzugänglichste Ort unseres Planeten. Zwar haben Raumschiffe mittlerweile die äußeren Planeten unseres Sonnensystems in Hunderten von Millionen Kilometern Entfernung erreicht, auf der Erde ist die tiefste Bohrung jedoch lediglich bis in zwölf Kilometer Tiefe vorgestoßen. Es ist nicht nur unmöglich, Proben aus dem Erdkern gewinnen, die Forscher erwarten nicht einmal, jemals über Material von dort für Untersuchungen verfügen zu können.

Erdinneres noch immer rätselhaft

Bisher ermöglichen nur seismische Untersuchungen indirekte Beobachtungen des Erdkerns. Da der Aufbau der Erde sehr komplex ist, fallen bei seismischen Untersuchungen erhebliche Datenmengen an, die in zweckdienliche Modelle eingefügt werden müssen. Rechnergestützte und speziell experimentelle Simulationen werden dadurch erschwert, dass im Erdkern Drücke über 140 Gigapascal – entsprechend 1.400.000 Atmosphären – und Temperaturen über 3.000 Grad Celsius herrschen. Aus diesen Gründen bleiben grundlegende Eigenschaften des Erdkerns weiterhin schwer erforschbar und umstritten.

Neuere Untersuchungen offenbaren eine Anzahl von ungewöhnlichen und rätselhaften Phänomenen hinsichtlich Eigenschaften und Dynamik des Erdkerns. Dazu zählt zum Beispiel die Entdeckung einer so genannten Anisotropie im Kerninneren: seismische Wellen breiten sich entlang der Achse zwischen den Polen der Erde schneller aus als in der Äquatorrichtung. Außerdem gibt es Belege für ein unterschiedliches Rotationsverhalten von innerem Kern und dem restlichen Erdkörper. Mit den dynamischen Prozessen im Erdkern ist das irdische Magnetfeld eng verknüpft.

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Bedingungen wie in 4.000 Kilometern Tiefe

Ein internationales Team von Wissenschaftlern aus Deutschland, Schweden und den USA unter Beteiligung einer Wissenschaftlergruppe um Leonid Dubrovinsky vom Bayerischen Geoinstitut der Universität Bayreuth hat jetzt eine Eisen-Nickel-Legierung mit zehn Prozent Nickel bei hohen Drücken und Temperaturen umfangreich experimentell und theoretisch erforscht. Durch eine Kombination der Diamantstempelzellen-Technik mit elektrischen und lasergebundenen Heizmethoden gelang es den Wissenschaftlern, das Probenmaterial Drücken von mehr als 225 Gigapascal und Temperaturen über 3.200 Grad Celsius auszusetzen. Diese im Labor experimentell erzeugten Bedingungen würden sind im Erdinneren in einer Tiefe von 4.000 Kilometern anzutreffen.

Unter derartigen extremen Bedingungen weist die eingesetzte Legierung abrupt Änderungen in den Werten des elektrischen Widerstands auf. Röntgenbeugungsanalysen offenbaren einen Phasenübergang von der bekannten hexagonalen, dicht gepackten Struktur in eine neue kubisch- raumzentrierte Phase mit einer um ca. zwei Prozent verringerten Dichte. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass somit leichte Elemente nicht (oder nur in sehr geringen Anteilen) erforderlich sind, um die mit seismischen Methoden bestimmte Dichte des inneren Erdkerns zu bestätigen. Anders ausgedrückt: Der innere Erdkern besteht möglicherweise allein aus einer Eisen-Nickel-Legierung.

Modifikation bisheriger Vorstellungen

Dieses Ergebnis könnte nicht nur neue Interpretationen der physikalischen und dynamischen Eigenschaften des festen inneren Erdkerns notwendig machen, sie könnte sich auch auf unsere Vorstellungen über den flüssigen äußeren Kern auswirken. Falls Strukturveränderungen in der flüssigen Eisen-Nickel-Legierung auftreten, könnte das zu anderen Dichtewerten führen und auch die Art der Verteilung leichter Elemente wie zum Beispiel Silizium, Magnesium, Aluminium und Natrium in unterschiedlich strukturierten Bereichen des äußeren Erdkerns betreffen.

(Universität Bayreuth, 02.07.2007 – NPO)

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