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Neurobiologie

Alkohol macht vorzeitig dement

Altersdemenz schon bei Menschen ab 40

Dauerhafter Alkoholkonsum kann sogar schon bei Menschen ab 40 Symptome von Altersdemenz hervorrufen. Auch Angststörungen und Depressionen treten deutlich häufiger auf. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie von Neurologen der Medizinischen Universität in Gdansk (Polen), die auf dem Europäischen Neurologenkongress (ENS) in Rhodos vorgestellt wurde.

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„Manche Leute glauben, dass Alkohol beim Denken hilft“, erklärt Mariusz Sieminski von der Abteilung für Erwachsenen-Neurologie der Medizinischen Universität in Gdansk (Polen). „Allerdings liefert unsere neue Studie weitere starke Hinweise darauf, dass das gerade Gegenteil zutrifft. Starker Alkoholkonsum kann nicht nur zu kognitiven Störungen führen, sondern bereits bei Menschen in den 40ern Symptome von Altersdemenz hervorrufen.“ Vorgestellt wurde die Untersuchung auf dem 17. Treffen der Europäischen Neurologischen Gesellschaft (European Neurological Society, ENS) auf der griechischen Insel Rhodos.

Folgen von frühem Alkoholismus untersucht

„Meine Kollegen und ich wollten herausfinden, ob Alkoholabhängigkeit bereits in jungen Jahren zur Verminderung der Denkfähigkeit führen kann“, so Neurologe Sieminski. „Weil wir wissen, dass Alkoholismus auch zu Angststörungen und Depressionen führen kann, die ihrerseits mit einer Verminderung kognitiver Kapazitäten einhergehen, haben wir diese beiden Parameter gleich mituntersucht, um sie sozusagen herausrechnen zu können. Wir wollten wissen, ob und in welchem Ausmaß Alkohol die Kognition direkt beeinträchtigt, ohne ‚Umweg’ über andere Schädigungen.“

Miteinbezogen wurden 27 Patientinnen und Patienten mit einem Durchschnittsalter von 47,5 Jahren, die schon sehr lange – im Durchschnitt 20,2 Jahre – alkoholabhängig waren. Getestet wurde mittels MMSE (Mini Mental State Examination), einem 1975 entwickelten Schnelltestverfahren, das heute weltweit zur Erstbeurteilung von dementiellen Erkrankungen eingesetzt wird, und dem HADS-Test, einem ebenso rasch auszuwertenden Fragebogen zur Erfassung von Angst und Depression.

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Ergebnis: 25,9 Prozent litten sicher und weitere 18,5 Prozent wahrscheinlich an Angststörungen, sowie 7,4 Prozent sicher und weitere 7,4 Prozent wahrscheinlich an Depressionen. Zusätzlich jedoch lagen weitere 14,8 Prozent im MMSE-Test unter jener Grenze, ab der man Denk-Störungen ausschließen kann. Erinnerungsvermögen, Sprachgebrauch und/oder Orientiertheit ließen zu wünschen übrig – alarmierende Zeichen des intellektuellen Abstiegs. Dieser Abstieg war bei den Betroffenen unabhängig vom Lebensalter und auch unabhängig von der Dauer der Sucht zu bemerken. Ersteres zeigt, dass man als Trinker für derartige Schädigungen nicht zu jung sein kann; zweiteres, dass es offensichtlich Menschen gibt, die für solche Störungen schon frühzeitig anfällig sind, sodass diese sehr rasch eintreten, während andere dagegen sehr lange Zeit immun sind.

„Zwar sind das nur vorläufige Ergebnisse, die noch mit größeren Patientenzahlen und genaueren Diagnoseverfahren bestätigt werden müssen“, schränkt Sieminski ein. „Da wir aber zugleich fokale Verletzungen des Gehirns durch neurologische Untersuchungen ausgeschlossen haben, sind wir umso sicherer, dass diese Schädigungen dem Alkohol anzulasten sind. Die Tragweite dessen ist immens, ist ein Problem von gesellschaftlichem Ausmaß. Wir müssen also auf die Gefahren des Suchtsgifts Alkohol noch viel mehr aufmerksam machen.“

(B&K Kommunikation, 20.06.2007 – NPO)

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