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Bildung

Junge Menschen sind egoistischer

Alter, Geschlecht oder Bildung beeinflussen Verteilungsbereitschaft

Frauen oder ältere Menschen verhalten sich altruistischer als junge und männliche Personen oder Studenten. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie mit mehr als 5.000 Zeitungslesern über die die Forscher in der Fachzeitschrift „Economic Journal“ berichten. Die Wissenschaftler belegen mit diesem Experiment, dass individuelle Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildung einen signifikanten Einfluss auf die Verteilungsbereitschaft ausüben.

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In der Studie unter Beteiligung der Universitäten Jena, Innsbruck und Mannheim wurden die Leser einer deutschen Wochenzeitung darum gebeten, sich an einem Verhandlungsspiel, einem so genannten Ultimatumspiel, zu beteiligen. Dabei mussten jeweils drei Personen einen Betrag von 600 Euro unter sich aufteilen. Bei dem Spiel konnte die erste Person einen Vorschlag machen, wie das Geld unter den drei Teilnehmern aufgeteilt werden sollte. Die zweite Person konnte den Vorschlag entweder annehmen oder ablehnen. Wenn die zweite Person den Vorschlag annahm, erhielt jede Person den vorher festgelegten Anteil.

Wenn der zweite Teilnehmer nicht einwilligte, erhielt keine der drei Personen etwas. Die dritte Person konnte auf den Verlauf des Spiels keinen direkten Einfluss nehmen. Sie erhielt nur den Betrag, den die anderen Spieler für sie vorher festgelegt hatten.

Grenzgebiet zwischen Mathematik und Ökonomie

Mit solchen Situationen beschäftigt sich auch die so genannte Spieltheorie, eine Wissenschaft im Grenzgebiet zwischen Mathematik und Ökonomie. In der klassischen Spieltheorie geht es vor allem darum, Lösungen für Konflikte zu finden, in denen alle Teilnehmer versuchen, auf rationale Weise für sich die höchste Auszahlung zu erzielen. Nach der Spieltheorie müsste die zweite Person eigentlich jeden positiven Betrag akzeptieren, ungeachtet davon, was die dritte Person erhält.

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Dies würde dazu führen, dass die erste Person den weitaus größten Anteil erhalten müsste. Dies ist jedoch nicht das Verhalten, welches Güth, Schmidt und Sutter in ihrem Experiment beobachtet haben.

Im Durchschnitt erhielt die erste Person 255 Euro, der zweite Teilnehmer 198 Euro und die dritte Person 150 Euro. Solche Angebote akzeptierte die zweite Person in mehr als 98 Prozent der Fälle. Folglich berücksichtigt die erste Person den zweiten und auch den dritten Teilnehmer in seiner Entscheidung, bevorzugt sich jedoch fast immer selbst.

Frauen in der Rolle der ersten Person forderten im Durchschnitt nur 240 Euro für sich selbst, während Männer 270 Euro forderten. Die Vorschläge der Rentner waren im Schnitt am ausgeglichensten: 225 Euro für den ersten, 217 Euro für den zweiten und 172 Euro für den dritten Teilnehmer. Am ungleichmäßigsten verteilten Personen unter 25 Jahren das Geld: Der Erste sollte nach ihrer Ansicht 285 Euro erhalten, der Zweite 195 Euro und der Dritte nur 120 Euro.

Junge Menschen zeigten kaum Verhaltensunterschiede

Gewöhnlich werden solche Experimente nur mit Studierenden durchgeführt. Mit den 5.000 Zeitungslesern erhielten die Forscher jedoch eine Stichprobe, die der allgemeinen Bevölkerungsstruktur näher kommt. Um Aussagen über die Generalisierbarkeit von Ergebnissen aus ökonomischen Laborstudien machen zu können, verglich das Forscherteam das Verhalten von Studierenden in einer Laborsituation aus einer Vorstudie mit studierenden Zeitungslesern im Alter von 19 bis 30, nicht studierenden Zeitungslesern im gleichen Alter und mit allen (älteren) Zeitungslesern.

Junge Menschen, ganz egal ob sie an einem Experiment im Labor oder über die Zeitung teilgenommen haben, ob Student oder nicht Student, zeigten im Mittel keine Verhaltensunterschiede. Eine stärkere Präferenz für Fairness konnte nur bei den Zeitungslesern über 30 Jahre festgestellt werden.

Die Ergebnisse von Professor Werner Güth, Max-Planck Institut für Ökonomie in Jena, Carsten Schmidt, Universität Mannheim, und Matthias Sutter, Universität Innsbruck)zeigen nach Ansicht der Autoren, dass soziale Präferenzen die Aufteilung von Ressourcen stärker bestimmen als bisher angenommen. Die Befunde bildeten also nicht nur den Grad der „Fairness“ in der Gesellschaft ab, sondern zeigten wichtige Lücken in der ökonomischen Forschung auf, die in Zukunft intensiv beleuchtet werden sollten.

(idw – Universität Mannheim, 18.05.2007 – DLO)

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