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Biologie

Eiweiß-Katalog der Fruchtfliege vorgelegt

Großer Schritt auf dem Weg zu einem grundlegenden Verständnis des Körpers gelungen

Einem Forscherteam der Universität und der ETH Zürich ist es gelungen, große Teile des Proteoms der Fruchtfliege Drosophila zu erschließen. Damit wird umfangreiches Wissen zur Gesamtheit aller Proteine eines Organismus erstmals verfügbar. Dies ist ein großer Schritt auch auf dem Weg zu einem grundlegenden Verständnis unseres Körpers – und zu einer verbesserten Krankheitsdiagnostik, so die Wissenschaftler in Nature Biotechnology.

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Proteine oder Eiweiße sind die zentralen Elemente eines jeden biologischen Prozesses. Sie definieren unter anderem Struktur, Stoffwechsel und die Wechselwirkungen von Zellen innerhalb eines Organismus. Eine fehlerhafte Regulation dieser Proteine ist oft entscheidend an der Entstehung und am Verlauf von Krankheitsprozessen beteiligt. Für eine zukünftige, sowohl technisch wie medizinisch möglichst effiziente Nutzung molekularbiologischer Forschungserkenntnisse ist deshalb ein ganzheitliches Verständnis zellulärer Systeme von großer Wichtigkeit. Dabei steht nicht mehr die Untersuchung einzelner Proteine im Vordergrund, sondern das Verhalten und die Wechselwirkungen aller Komponenten eines Systems – z.B. eines Organs, Gewebes oder auch einer Signalübertragungskette.

Um auf dem Gebiet der Proteomik ein System als Ganzes erfassen zu können, ist die Entwicklung sehr genauer, quantitativer und automatisierbarer Messverfahren und Methoden notwendig. Bis heute ist es nicht möglich, eine komplette Analyse aller Proteine eines Systems wie beispielsweise des Blutserums oder eines Gewebes durchzuführen. Die quantitative Gesamtanalyse aller Proteine einer Probe wäre jedoch von größter Wichtigkeit, denn sie würde es unter anderem erlauben, krankhafte Veränderungen oder spezifische Krankheitsindikatoren in Gewebebiopsien oder Serumsproben umfassend nachzuweisen.

63 Prozent des Proteoms katalogisiert

Unter Anwendung neuer Auswertungsverfahren ist nun ein wichtiger Schritt in diese Richtung gemacht. Gegenstand der Studie der interdisziplinären Forschungsgruppe um die Systembiologen Erich Brunner, Sonali Mohanty und den Bioinformatiker Christian Ahrens von der Universität Zürich sowie Professor Ruedi Aebersold von der ETH war das Proteom – das heißt, die Gesamtheit aller Proteine eines Organismus – der Taufliege Drosophila melanogaster.

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Erstmals konnten mit dieser zweijährigen Forschungsarbeit rund 63 Prozent des Proteoms eines mehrzelligen Organismus gemessen und katalogisiert werden. Für die Studie wurden Proteine aus verschiedenen Entwicklungsstadien und von Zellkulturen extrahiert, und die durch enzymatische Verdauung entstandenen Fragmente der Proteine, so genannte Peptide, wurden im Massenspektrometer analysiert. Eine neuartige, kontinuierlich begleitende bioinformatisch-statistische Analyse der experimentellen Daten unterstützte die Proteinmessungen und verhalf, zusätzliche Experimente auf Bereiche des Proteomes zu fokussieren, welche durch bisherige Experimente nicht identifiziert werden konnten. Diese Arbeit führte zu einem bisher einmaligen, mehrere Terabytes umfassenden Datensatz.

Der neue Proteomkatalog liefert neuartige Erkenntnisse in verschiedensten wissenschaftlichen Bereichen. Zum Einen konnte für viele Proteine eine erste experimentelle Bestätigung geliefert werden. Das heißt, dass zum ersten Mal und in großem Stil die auf der Gensequenz von Proteinen basierenden Vorhersagen validiert werden konnten. Zum Anderen konnte die Forscher zeigen, dass die Messergebnisse dazu verwendet werden können, bestehende Gen-Modelle zu verbessern oder sogar bis anhin unbekannte Proteine und deren Gen-Modelle zu entdecken. Im Weiteren wurde dargelegt, wie die begleitende bioinformatische und statistische Analyse dazu verhalf, eine Vielzahl von Proteinen eines Zelltyps oder eines Gewebes gezielter und schneller zu erfassen. Diese Methode wird ein zentrales Element für die weitere Erschließung des Proteoms bilden.

Signaturen von Proteinen bestimmen

Von früheren Studien ist bekannt, dass zur eindeutigen Identifizierung eines Proteins die Erfassung einer kleinen spezifischen Untereinheit, eines so genannten proteotypischen Peptids, genügt und dass solch ein Peptid gewissermaßen die einmalige Signatur eines Proteins bildet. Unklar war bisher, welche Peptide eines Proteins als eindeutige Proteinsignatur verwendet und im Massenspektrometer gemessen werden können.

Der vorgestellte Proteomkatalog ermöglicht es nun, diese einzelnen Signaturen für eine Vielzahl von Proteinen der Drosophila zu bestimmen. In Kombination mit neuen Messmethoden wird es damit in naher Zukunft möglich sein, mit deutlich geringerem Aufwand gezielt die spezifischen Proteinsignaturen zu messen – anstelle aller möglichen Peptide der Gesamtmenge von Proteinen. So wird es neu möglich sein, innerhalb kurzer Zeit quantitative Daten über eine Vielzahl von Proteinen zu liefern. Da die Proteine anderer Organismen grundsätzlich gleich aufgebaut sind wie der Modellorganismus der Drosophila, können nun sowohl die Proteinsignaturen für andere Organismen als auch die noch fehlenden Drosophila-Proteine per Computer berechnet werden. Die neuen Messverfahren werden damit sehr schnell sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die humane Krankheitsdiagnostik von großem Nutzen sein.

(Universität Zürich, 27.04.2007 – DLO)

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