Die Hamburger Körber-Stiftung vergibt den diesjährigen, mit 750.000 Euro dotierten Körber-Preis an Professor Peter Seeberger. Der Chemiker hat in jahrelanger Feinarbeit eine automatische Synthese-Maschine für Kohlenhydrate entwickelt, die dabei hilft, neuartige synthetische Impfstoffe auf Zuckerbasis herzustellen.
Seeberger, seit 2003 Professor für Organische Chemie an der ETH Zürich, forscht an der Schnittstelle zwischen Biologie und Chemie. Ihn interessieren insbesondere komplexe Zucker – so genannte Oligosaccharide – die unter anderem Wechselwirkungen zwischen Zellen steuern. Jede Zelle ist mit einem für sie typischen Pelz aus Zuckerketten und -ästen umhüllt. Anhand dieser Glykane erkennen Zellen einander, beispielsweise Eizelle und Spermium.
Zudem nutzen Zellen die Glykane zum Austausch von Signalstoffen. Aber auch Bakterien, Viren und Pilze machen anhand des Zuckerpelzes bestimmte Körperzellen ausfindig, um diese dann zu befallen: Krebs erregende Helicobacter-Bakterien heften sich an die Zuckerhülle von Magenschleimhautzellen; Grippe-Viren binden sich an Glykane auf Lungenzellen.
Um einen Impfstoff auf Zuckerbasis zu entwickeln, müssen Forscher zunächst einmal herausfinden, welche typischen Glykane auf den Erregerzellen sitzen. Anschließend werden die Glykane extrahiert oder künstlich hergestellt und mit einem harmlosen Protein »verschweißt«. Diese Kombination wird bei der Impfung gespritzt. Das Immunsystem entwickelt nun Antikörper gegen diese Glykane, die später auch dann schützen, wenn der natürliche Erreger in den Körper eindringt.
Neue Impfstoffe gegen Krankheiten wie Malaria
Mit dem von ihm entwickelten „automatischen Oligosaccharid-Synthesizer“ gelang es Seeberger und seinen Kollegen, bekannte Glykane von Krankheitserregern künstlich herzustellen und zu Kandidaten-Impfstoffen gegen Krankheiten wie Leishmaniose, Malaria, Aids, Milzbrand und Tuberkulose zu verarbeiten. In Tierversuchen haben sie sich bereits als wirksam erwiesen; der Malaria-Impfstoff wird nächstes Jahr erstmals am Menschen erprobt.
Besonders für Forscher interessant sind so genannte Microarrays, auf die für Testzwecke Hunderte „Häufchen“ unterschiedlicher Oligosaccharide aufgebracht werden. Damit lässt sich sehr schnell und systematisch untersuchen, ob und wie sich bestimmte Testmoleküle – etwa Glykane von Bakterien – an diese unterschiedlichen Zuckerketten binden. Bislang mussten Forscher diese Zucker einzeln aus natürlichen Quellen extrahieren, was oft Monate dauerte. Mit Seebergers Synthesizer lassen sie sich nun künstlich als „Designer-Zucker“ herstellen – teils in wenigen Stunden -, was die Studien stark beschleunigt.
Überreicht wird der Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft 2007 am 7. September im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses.
Zukunftsweisende Forschungsvorhaben ausgezeichnet
Der Körber-Preis ehrt europäische Wissenschaftler für ein konkretes, zukunftsweisendes Forschungsvorhaben. Über die Vergabe entscheidet ein international zusammengesetztes Kuratorium unter Vorsitz des Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft, Professor Dr. Peter Gruss.
(Körber-Stiftung/ots, 26.04.2007 – DLO)