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Geowissen

Erdkruste: Wie sich Gesteine in Wasser lösen

Fließfähige Kanäle unter großen Gebirgszügen in großer Erdtiefe?

Gestein der unteren kontinentalen Kruste. Die durch „Fließen“ verursachte Deformation ist anhand der Einordnung und Ausrichtung der Mineralkörner erkennbar. Helle, große Kristalle von Kalifeldspat (KAlSi3O8) sind im Gestein gewachsen und bezeugen Stoffzufuhr durch wässrige Lösungen. © RUB

Noch bevor Gestein in großer Erdtiefe zur heißen Schmelze wird, kann seine Löslichkeit in Wasser extrem zunehmen. Dies haben Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum bei Laborexperimenten herausgefunden. Ob diese wässrigen Lösungen jedoch fließfähige Kanäle bilden können, die sich Hunderte von Kilometern unter den großen Gebirgen dahinziehen, ist derzeit noch unklar.

Über ihre Erkenntnisse berichten die Forscher um Professor Walter Maresch in RUBIN Geowissenschaften, dem aktuellen Sonderheft des Wissenschaftsmagazins RUBIN.

Wie sich wässrige Lösungen in der Erdtiefe verhalten

Die meisten Gesteine der Erdkruste bestehen aus Silikatmineralen, die unter Oberflächenbedingungen viel weniger löslich sind, als der Kalkstein beispielsweise in einer Tropfsteinhöhle. Mit zunehmender Erdtiefe steigen Druck und Temperatur. Wasser sammelt sich, wandert meist nach oben und durchfließt seichtere Gesteinsverbände.

Wie sich die wässrigen Lösungen zusammensetzen und in welchem Maße Gestein in der Erdtiefe gelöst und von einem Ort zum anderen transportiert werden kann, erforschen Mineralogen im Sonderforschungsbereich „Rheologie der Erde“. Rheologie beschreibt das Verformungs- und Fließverhalten von Gesteinen in der Tiefe.

Minerale: von kaum löslich bis zum Tausendfachen des Höhlenwassers

Da eine direkte Untersuchung von wässrigen Lösungen in zehn bis zwölf Kilometer Tiefe nicht möglich ist, wurden Laborexperimente in Form von Hoch- und Höchstdruckuntersuchungen durchgeführt. Auf diese Weise lassen sich Druck und Temperatur in tiefen Erdschichten simulieren.

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Derzeit liegen Löslichkeiten für zehn Mineralarten vor: Während sich manche als kaum löslich erwiesen, stieg die Löslichkeit einer speziellen Feldspat-Varietät – Feldspäte machen mehr als mehr als zwei Drittel des Volumens der Erdkruste aus – bei 600° C um das Tausendfache des im Höhlenwasser der Tropfsteinhöhle gelösten Kalziumkarbonats an.

Dabei stellten die Forscher fest, dass Lösungsmittel und gelöstes Gestein spezielle Strukturen ausbilden. Auch lassen sich Löslichkeiten durch andere Lösungsbestandteile drastisch erhöhen.

Schmiermittel und fließfähige Kanäle

Je höher der Anteil an gelöster Gesteinsmaterie, desto fließfähiger sollte das Gestein in der Tiefe sein. Doch im Einzelnen bleibt derzeit nur die Spekulation: Vermutlich werden wässrige Lösungen als „Schmiermittel“ bei den Gesteinsbewegungen der Gebirgsbildung eine wichtige Rolle spielen. Einige Wissenschaftler nehmen an, dass sich kilometermächtige „fließfähige“ Kanäle in der unteren Erdkruste über Hunderte von Kilometern unter den Gebirgszügen hinziehen. Die aufgetürmten Gebirge könnten demnach durch ihr eigenes Gewicht „seitlich“ zerfließen.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 24.04.2007 – DLO)

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