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Golfstrom: Schwächt er sich ab oder nicht?

Messkampagne zur ozeanischen Tiefen-Zirkulation im Nordatlantik gestartet

Forschungsschiff Maria S. Merian im Einsatz © Institut für Umweltphysik, Universität Bremen

Ozeanographen stellen sich immer wieder die Frage, welchen Veränderungen der Golfstrom sowie die ozeanische Tiefen-Zirkulation im Nordatlantik unterliegen. Mit dem neuesten Mitglied der deutschen Forschungsschiff-Flotte, der Maria S. Merian sind nun Wissenschaftler des Instituts für Umweltphysik (IUP) unterwegs, um ein weiteres Puzzleteil der Antwort zu sammeln.

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„Wir haben jetzt Daten aus zehn Jahren, die zeigen, dass seit 1997 die Tiefenwasserbildung um 70 Prozent abgenommen hat“, erklärt Professorin Monika Rhein vom IUP kurz vor ihrem Abflug nach Las Palmas, dem Ausgangshafen der fünfwöchigen Reise. Zwischen Grönland und der Küste von Labrador im nördlichen Kanada sinkt Wasser in die Tiefe, da es kalt ist. Genauso wie kühle Luft, ist auch kühles Wasser schwerer als warmes. In der Tiefe fließt es dann Richtung Süden und beginnt damit die lange Reise die es im Nordpazifik wieder an die Oberfläche und irgendwann auch wieder zurück in den Nordatlantik bringt. Auf dieser Reise transportiert es neben Nährstoffen und Organismen auch eine Menge Wärme. Diese bestimmt gerade in Nordeuropa unser Klima ganz entscheidend.

Klimamodelle auf dem Prüfstand

Klimamodelle zeigen, dass der Transport von warmem Wasser durch den Golfstrom eng mit dieser globalen Zirkulation zusammenhängt und damit mit der Bildung von kaltem Tiefenwasser zwischen Grönland und Kanada. Da dieselben Klimamodelle auch genutzt werden sollen, um zukünftige Klimaänderungen vorherzusagen, ist das Interesse verständlicherweise groß, zu prüfen, ob sie korrekte Aussagen machen.

Mit ausgeklügelter Technik wollen das Team um Monika Rhein jetzt einen ganzen Schwung neuer Daten über die Änderungen im Transport des Golfstroms sammeln. Dazu nutzen sie zum Beispiel vier fest verankerte Langzeitsensoren entlang des mittelatlantischen Rückens zwischen 46 Grad und 53 Grad Nord. Diese machen eigentlich nichts anderes, als ein Schiffsecholot auch: Sie messen die Zeit, die eine Schallwelle braucht, um die Wassertiefe zu messen, allerdings in die umgekehrte Richtung, zur Oberfläche. „Wenn wir die Laufzeit haben, müssen wir nur noch herausfinden, welches Salz- und Temperaturprofil dazu passt“, so Monika Rhein.

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Doch nur noch ist gut: Denn dazu brauchen die Wissenschaftler weitere Daten von anderen Geräten, entweder vom Schiff aus gesammelt oder von so genannten Driftern. Dies sind röhrenartige Geräte, die selbstständig im Wasser auf- und absteigen, während sie mit den Strömungen driften. Dabei kommen sie regelmäßig an die Oberfläche und senden ihre Daten per Satellit ins Labor der Forscher. Ihr Vorteil ist, dass sie mehr Daten wesentlich billiger sammeln können, als dies vom Schiff aus möglich ist. Mit beiden Methoden kann man vermessen, wie sich der Salzgehalt, der Druck und die Temperatur des Meerwassers von der Oberfläche bis zum Meeresboden verändert – Profis nennen diese Art der Datenreihe ein Profil.

Bestimmung von Salzgehalt, Temperatur und Druck

Da zu jedem solchen Profil eine bestimmte Laufzeit gehört, die durch Salzgehalt, Temperatur und Druck bestimmt wird, können die Langzeitsensoren mit wenig Aufwand eine große Menge an Daten sammeln. Sie bleiben über fünf Jahre am Meeresboden. Doch so lange müssen die Forscher nicht auf Daten warten. Die Sensoren geben ihre Schätze auf ein akustisches Signal hin preis, wenn sich das Forschungsschiff in der Nähe befindet. Hinzu kommen Daten von Satellitenvermessungen. „Nur wenn wir alle Daten zusammennehmen, können wir abschätzen, wie sehr sich die Transporte im Golfstrom ändern begründet Rhein die notwendige Kombination von verschiedensten Messinstrumenten.

Forschungsschiff Maria S. Merian im Einsatz © Institut für Umweltphysik, Universität Bremen

Die Bildung von Tiefenwasser in der Labradorsee wird von dem Team von Monika Rhein mit Hilfe von Spurenstoff-Inventaren untersucht. Diese Spurenstoffe werden über den Kontakt mit der Atmosphäre in die Meeresoberfläche eingetragen und beim Absinken des kalten Wassers mit in die Tiefe genommen. Änderungen dieser Inventare von Jahr zu Jahr sind die beste Methode, die Änderungen im abgesunkenen Volumen des Tiefenwassers festzustellen. Aus den Messungen fand die Gruppe heraus, dass sich seit 1997 die Menge an gebildetem Tiefenwasser um 70% abgeschwächt hat.

Interpretation noch schwierig

„Mit diesen Daten können wir zwar noch immer nicht sagen, ob sich die Zirkulation wirklich langfristig abgeschwächt hat oder ob es sich nur um eine natürliche Schwankung in der Intensität handelt. Wir wissen auch noch nicht sicher, ob das Abschwächen der Bildung von Tiefenwasser mit einem geringeren Golfstromtransport einhergeht “, führt Monika Rhein aus. „Leider sind unsere Datenreihen bis jetzt kürzer als die Zyklen der natürlichen Schwankungen in der Tiefenwasserbildung. Sollten wir jedoch finden, dass seit 2005 wieder mehr Tiefenwasser gebildet wurde, so würde es dafür sprechen, dass wir in den letzten Jahren nur eine natürliche Schwankung gesehen haben und nicht den Einfluss des Menschen.“, erklärt Monika Rhein. „Sollte der Wert jedoch weiterhin in derselben niedrigen Größenordnung liegen, so wäre das ein weiteres Puzzlestück in unserem Verständnis der Ozeanzirkulation des Nordatlantiks.“

(Kirsten Achenbach, MARUM_Forschungszentrum Ozeanränder, 19.04.2007 – AHE)

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