Wie gut riechen wir bestimmte Stoffe? Ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam hat jetzt getestet, ob sich die Reaktion eines Geruchsrezeptors anhand der elektronischen Oberflächenstruktur des Duftstoffs vorhersagen lässt. Testobjekt für diese „Geruchsvorhersage“ war der Maiglöckchen- Geruchsrezeptor hOR17-4.
Üblicherweise besteht ein Geruch aus einer großen Anzahl einzelner Duftstoffe. Da jeder Duftstoff meist mit mehreren der etwa 347 Geruchsrezeptoren unserer Nase reagiert, können selbst einzelne Dufstoffe komplexe Gerüche zeigen. Ein Rezeptor spricht auf einen Riechstoff an, wenn dieser in dessen Bindungstasche passt. Ist deren Struktur bekannt, sollte sich anhand von Computermodellen vorhersagen lassen, ob und wie stark eine Substanz den Riechrezeptor aktiviert.
„Beim Entwurf neuer Dufstoffe ist man damit auf von Modellverbindungen abgeleitete Struktur- Wirkungs-Beziehungen und Intuition angewiesen,“ erklärt Philip Kraft, Riechstoff-Forscher bei der Givaudan Schweiz AG. Hier kommt den Forschern eine Besonderheit des Maiglöckchen-Rezeptors entgegen: Denn er findet sich auch in menschlichen Spermien. Dadurch kann man diesen Rezeptor quasi isoliert studieren und so den primären Riechvorgang am Computer simulieren.
est soll Modell belegen
Um die Möglichkeit einer „Riechvorhersage“ zu belegen, testeten die Wissenschaftler, wie sich der Austausch eines Kohlenstoff-Atoms durch ein Silizium-Atom auf den Geruch der Maiglöckchen-Dufstoffe Lilial und Bourgeonal auswirkt und ob sich diese subtile Änderung, die nur wenig Einfluss auf die Molekülform hat, auch quantitativ vorhersagen lässt. Tatsächlich ließ sich die menschliche Nase hereinlegen.
Tacke: „Alle vier der synthetisierten Stoffe zeigen typisch blumig-aldehydige Maiglöckchen-Düfte, riechen jedoch nicht identisch.“ In der Nähe ihrer Geruchsschwellenwerte ließen sich die Dufstoffe dagegen nicht mehr unterscheiden. „Bei diesen geringen Konzentrationen wird nur noch der empfindlichste Maiglöckchen-Rezeptor aktiviert,“ sagt Hatt.
Prognosen eingetroffen
Im Vorfeld hatten die Forscher auf der Basis berechneter Bindungsenergien bereits die zu erwartenden Geruchsintensitäten sowie die Empfindlichkeit der Spermien auf die Substanzen vorhergesagt. Un d tatsächlich stimmten diese Vorhersagen sehr gut mit den experimentellen Befunden überein. Wie erwartet lagen die Geruchsschwellen für die Silizium-Analoga deutlich höher als für Lilial und Bourgeonal.
„Unsere Computerberechnungen basieren ausschließlich auf der Moleküloberflächenform, die durch die Elektronen definiert wird,“
erklären die Wissenschaftler. „Die Ergebnisse belegen daher eindeutig, dass diese elektronische Oberflächenstruktur die Wechselwirkungen eines Riechstoffs mit seinen Rezeptoren bestimmt – und damit seinen Geruch.“
(Gesellschaft Deutscher Chemiker, 19.04.2007 – NPO)