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Chemie

Mini-Tropfen gefrieren anders als große

Kleinste Pipette der Welt enthüllt Erstaunliches über Kristallisation von flüssigen Metallen

Zeptoliter-Pipette mit Gold-Germanium-Tropfen. Der eigentliche Tropfen tritt erst durch ein winziges Loch in der Karbonhülle der Pipette aus. © Brookhaven National Laboratory

Mithilfe der wahrscheinlich kleinsten Pipette der Welt haben amerikanische Forscher wichtige neue Erkenntnisse über das Verhalten von winzigen Metalltropfen beim Gefrieren gewonnen. Wie sie jetzt in „Nature Materials“ berichten, zeigte sich, dass die nur ein Milliardstel eines Billionstel Liter kleinen Tröpfchen sich bei einem solchen Phasenübergang ganz anders verhalten als ihre größeren Gegenstücke.

Schmelzen und Kristallisieren sind so genannte Phasenübergänge – fundamentale Prozesse bei denen Substanzen zwischen dem chaotischen flüssigen Zustand und dem geordneten festen Zustand wie beispielsweise Eis wechseln. Wird eine Flüssigkeit abgekühlt, verlangsamt sich die Bewegung ihrer Moleküle bis sie schließlich nahezu still stehen. Bei größeren Tropfen beginnt diese Kristallisation normalerweise an einem Kristallisationskeim, einer kleinen Verunreinigung wie beispielsweise einem Staubkorn oder ähnlichem und breitet sich dann schnell über den gesamten Tropfen aus. Sehr reinen Substanzen jedoch fehlt dieser Keim und sie kristallisieren daher nur schwer.

Ein Milliardstel eines Billionstel Liters…

„Die gängige Theorie der Kristallisation, entwickelt in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, sagt voraus, dass der Phasenübergang ohne Unreinheiten von einem zufällig gebildeten festen Kern im Inneren des Tropfens ausgeht“, erklärt Eli Sutter vom Brookhaven National Laboratory der USA. „Unsere Experimente an sehr kleinen Tropfen stellen eine Herausforderung dieser Theorie dar.“

Um den Gefrierprozess in ultrakleinem Maßstab untersuchen zu können, nutzten Sutter und seine Kollegen die kleinste Pipette der Welt: Ein Miniwerkzeug, mit dem sie flüssige Tropfen einer Gold- und Germanium-Legierung erzeugen können, die nur wenige Zeptoliter – ein Milliardstel Billionstel Liter – erzeugen können. Die durch die Pipette in der Schwebe gehaltenen Tropfen werden im Inneren eines Elektronenmikroskops abgekühlt, so dass die Vorgänge beim Gefrieren in großer Vergrößerung festgehalten werden können.

Erste Gefrier-Anzeichen an der Oberfläche statt im Inneren

Um flüssig zu bleiben, müssen die winzigen Tröpfchen bei mehr als 350 Grad Celsius gehalten werden. Wurden nun die Temperaturen langsam bis auf 305 Grad abgesenkt, beobachteten die Forscher Erstaunliches: Die flüssigen Tropfen entwickelten Oberflächenfacetten, flache, ebene Bereiche auf den ansonsten kugeligen Strukturen. Diese Facetten bleiben nicht statisch sondern „tanzen“ auf der Oberfläche umher – und dies über Stunden hinweg, wenn die Temperatur nicht weiter abgesenkt wurde. Erst dann erstarrt der Tropfen zu einer festen Masse.

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“In unseren Experimenten entwickeln sich feststoff-ähnliche Eigenschaft zuerst als Haut auf der Oberfläche, während das Innere flüssig bleibt“, so Sutter. Damit widerspricht das Ergebnis der Versuche deutlich der bisher gängigen Theorie, nach der der Prozess im Inneren beginnt. Nach Ansicht der Forscher spielt hier offenbar die Größe des Tropfens eine entscheidende Rolle dafür, wo die Kristallisation beginnt.

Die neuen Erkenntnisse legen die Grundlage für ein besseres Verständnis des Gefrierprozesses sowohl in der natürlichen Umwelt als auch in nanotechnologischen Zusammenhängen. So spielen sie beispielsweise eine Rolle in den sowohl aus Wasser als auch aus Eis bestehenden Wolken der oberen Atmosphäre. Die Kenntnis der Phasenübergänge in diesen Wolken könnte die Rolle und das Verhalten dieser Wolken für das Klimageschehen entscheidend verbessern.

(DOE/Brookhaven National Laboratory, 16.04.2007 – NPO)

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