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Klima

Zurück zur Treibhauswelt der Kreidezeit?

Rückblick in die Erdgeschichte erlaubt Szenario der Zukunft

Der CO2-Emissionshandel blüht, immer neue Ideen zur Reduktion der Treibhausgase in der Atmosphäre erhitzen die Gemüter, doch auch mit den größten Anstrengungen scheint der Klimawandel unabwendbar. Neue Impulse, um das künftige Szenario beschreiben und verstehen zu können, gibt jetzt ein Rückblick in die Ära der Dinosaurier.

Meeresspiegel 200 Meter höher als heute

Eine Zeitspanne, die sich durch ein Treibhausklima auszeichnete, war die Kreidezeit vor 145-65 Millionen Jahren. Ihre Erforschung ist Arbeitsschwerpunkt der Paläoozeanographen, Paläontologen und Sedimentologen um Jörg Mutterlose und Adrian Immenhauser von der Ruhr-Universität: Die Analyse von Ablagerungen aus dieser Zeit ergibt, dass der Meeresspiegel vor etwa 93 Millionen Jahren um mindestens 200 Meter höher gelegen haben muss als heute. Derartige globale Meeresspiegelanstiege werden unter anderem durch das Abschmelzen der polaren Eiskappen infolge einer Erhöhung der CO2-Konzentration erklärt. Wie sah das Klima damals genau aus?

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Kohlenstoff-Senke reguliert

Ein interessanter Fund, den die Forscher bei Kernbohrungen fast überall in der Welt machen konnten, sind mehrere schwarze Tonsteinbänke, die aus der Kreidezeit stammen. Diese dunklen Gesteine weisen eine hohe Anreicherung an organischem Kohlenstoff auf, der aus einzelligen Algen besteht. „Aufgrund von Sauerstoffmangel in den Meeren konnten die Organismen, die die toten Einzeller abbauen und den in ihnen enthaltenen Kohlenstoff dem Stoffkreislauf wieder zuführen, nicht überleben“, erklärt Mutterlose.

Da man diese dunklen Gesteine fast weltweit gefunden hat, spricht man von einem ozeanischen anoxischen Ereignis (Ocean Anoxic Event; OAE). Ein OAE repräsentiert einen geologisch kurzen Abschnitt von rund 500.000 Jahren, in dem es zu einer Unterbrechung des Kohlenstoffkreislaufs kam. Bei den Gesteinen des OAE handelt es sich um Kohlenstoffsenken, da in ihnen Kohlenstoff lange gebunden und somit dem Stoffkreislauf entzogen wird. „Dieses Phänomen wirkt regulierend auf den erhöhten CO2-Gehalt in der Warmphase“, so Mutterlose. „Allerdings beginnt diese Bindung von CO2 erst einige Millionen Jahre verspätet, so dass erst vor rund 85 Millionen Jahren wieder eine Abkühlung einsetzte.“

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Kreidezeitliche Verhältnisse im Jahr 2200

Ein globales OAE weist für den Zeitraum vor 99 bis vor 89 Millionen Jahren auf ein vollständig anderes klimatisches Regime als heute hin. Die ozeanischen Zirkulationsmuster wurden damals nicht wie heute durch kalte Tiefenwässer getrieben: Da Polkappenvereisungen fehlten, muss man von sehr trägen Ozeanströmungen ausgehen. Die fehlende Zirkulation verursachte vermutlich das Sauerstoffdefizit in den Ozeanbecken. Man geht für die Kreidezeit von global ausgeglichenen, tropisch-warmen Verhältnissen aus. Die marine Lebenswelt reagierte auf diese Bedingungen mit großer Vielfalt bei gleichzeitig geringer Individuenzahl.

„Wenn sich der seit rund 1960 dokumentierte Anstieg des CO2-Anteils in unserer Atmosphäre weiter fortsetzt, so ist etwa im Jahr 2200 mit kreidezeitlichen CO2-Gehalten zu rechnen“, schätzt Mutterlose. Dann würden sich wahrscheinlich wieder ähnliche stabile Gleichgewichtsverhältnisse einstellen wie in der Kreidezeit. Die Reaktion unserer Biosphäre abzuschätzen, ist schwieriger. Die Verbreitung kälteliebender Formen wird signifikant eingeschränkt werden, schätzen die Forscher. In den Meeren werden Primärproduzenten mit kieseligem Skelett (Diatomeen) zugunsten von solchem mit kalkigem, also kohlenstoffhaltigem Skelett (Coccolithen) und organisch gewandeten Algen (Dinoflagellaten) zurückgedrängt werden. Es würde also eine ganz andere Struktur der Nahrungsketten in den Meeren entstehen.

(Ruhr-Universität Bochum, 10.04.2007 – NPO)

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