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Astronomie

Simulierte Galaxien als Teleskopersatz

Höchstleistungs-Computing dient der Erforschung von Galaxien

Das Universum ist in Bewegung: Nicht nur, dass es sich immer weiter ausdehnt, auch neue Strukturen wie Sterne und Galaxien entstehen dabei. Das „Leben“ dieser Galaxien ist Gegenstand des Forschungsprojekts „Computational Astrophysics“ an der Universität Wien. Die Astrophysiker arbeiten dabei allerdings nicht mit Teleskopen, sondern mit Rechnerclustern, die über ganz Europa verteilt sind. Ihre Kapazität übersteigt die Leistung aller Rechner Österreichs zusammengenommen.

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Die Dimensionen der Objekte – Sterne und Galaxien -, die der Vorstand des Instituts für Astronomie und Leiter des Projekts „Computational Astrophysics“, Gerhard Hensler, erforscht, sind für das normale menschliche Vorstellungsvermögen schwer fassbar. Alleine die Milchstraße, die „Heimatgalaxie“ unseres Planetensystems, misst im Durchmesser rund 100.000 Lichtjahre und beherbergt 100 Milliarden Sterne und wahrscheinlich Millionen Planetensysteme wie das unsere. „Galaxien sind unvorstellbar große Gebilde, die einen permanenten Veränderungsprozess durchlaufen. Die einzige Möglichkeit, sie zu beschreiben, ist die Simulierung beziehungsweise Modellierung am Computer. Und diese wollen wir im Zuge des Projekts optimieren“, erklärt Hensler.

„Zerlegung“ einer Galaxie

Als Ausgangspunkt dienen Objekte im All, die nur durch Teleskope betrachtet werden können. Und genau jene Beobachtungen werden am Computer „nachgebaut“, um beide, Realität und Modell, miteinander zu vergleichen. Und auch, um Vergangenheit und Zukunft, sprich Geburt und Tod von Sternensystemen zu simulieren. „Das sind unglaublich komplexe und langwierige Vorgänge. Zuerst müssen wir die Galaxienbedingungen für den Computer vorbereiten. Dazu zerteilen wir sie in Millionen von Gebieten, dann geben wir die sie beeinflussenden inneren und äußeren Kräfte und Prozesse ein, wie etwa Gravitation, Abkühlung, Erwärmung oder Gaszusammensetzung. Nun wird jeder Bereich für einen begrenzten Zeitschritt an einem einzelnen Prozessor des Computers durchgerechnet und danach mit allen anderen verbunden. Dadurch werden die globalen Einflüsse der Bereiche ermittelt, bevor alles wieder parallel auf die Prozessoren verteilt wird. Der jeweilige Status des Modells ist während des Rechenvorgangs jederzeit abrufbar. Am Schluss steht das fertige Modell einer Galaxieentwicklung“, so Hensler.

Details zusammenfügen

Bis dato gibt es allerdings kein einziges Programm, mit dem es möglich ist, Objekte im All in all seinen Facetten zu berechnen. „Es gibt viele Programme, die ganz unterschiedliche Gesichtspunkte behandeln. So kann zum Beispiel mit einem Programm Sternentstehung unter der Eigengravitation einer Gaswolke, mit einem anderen etwa die Gaszusammensetzung und mit einem weiteren die Dynamik der Galaxie berechnet werden. Diese Aufteilung kostet unglaublich viel Zeit, da wir zuerst alle Details einzeln untersuchen müssen, um sie am Ende zusammenzufügen“, meint Hensler.

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Höchstleistungsrechnen

„Wir benötigen für unsere Forschungen unglaublich schnelle Computer mit enorm hohen Kapazitäten“, so Gerhard Hensler. Die Hauptmodellierungen müssen an „High-perfomance Computing“(HPC)-Zentren erfolgen. Hensler wünscht sich, dass der Forschungsstandort Österreich auch in diesem Bereich zukünftig eine größere Rolle spielen wird. Und dazu schwebt dem Astrophysiker auch schon ein Konzept vor. Für ihn wäre der Idealfall die Errichtung eines Österreich weiten Höchstleistungsrechenzentrums für HPC: „Daran könnten dann alle Fachrichtungen wie Physik, Mathematik, Chemie, Klimaforschung oder Biologie interdisziplinär teilhaben.“

(idw – Universität Wien, 29.03.2007 – AHE)

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