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Neurobiologie

Träum ich oder wach ich?

Neue Einblicke in das schlafende Gehirn

Funktionale Kernspintomografie eines gesunden schlafenden Probanden: Während des tonischen REM-Schlafes, gekennzeichnet durch das kurzzeitige Ausbleiben der raschen Augenbewegungen, führen akustische Reize zu einer geringen Aktivierung des entsprechenden sensorischen Areals im Gehirn, dem auditiven Kortex (linkes Bild). Im Gegensatz dazu ist in phasischen REM-Perioden, mit Augenbewegungen, das Gehirn durch Außenreize weitgehend nicht stimulierbar, sondern zeigt eine eigenständig generierte Aktivität in weitreichenden Gehirnregionen - ein Indiz für den Traumprozess (rechtes Bild). © MPI für Psychiatrie

Im Schlaf sind unsere Sinne weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten – es sei denn, der Wecker holt uns unsanft aus unseren Träumen. Gelegentlich passiert es jedoch, dass das Weckerklingeln nicht zum Aufwachen führt, sondern in das Traumerleben eingebaut wird – und wir verschlafen. Warum dies so ist, haben jetzt Wissenschaftler dank neuer Messmethoden enthüllt.

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Bislang wurden Schlafphänomene vor allem anhand von Messungen der Gehirnströme untersucht. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München haben jetzt erstmalig diese Gehirnströme gemessen und gleichzeitig mit Hilfe des bildgebenden Verfahrens der funktionellen Kernspintomografie die Aktivität des schlafenden Gehirns dargestellt.

Im Experiment untersuchten die Wissenschaftler, wie das Gehirn im Schlaf auf akustische Reize, wie beispielsweise einen regelmäßig wiederkehrenden Ton oder Klaviermusik, reagiert. Die Probanden wurden dabei Lärm von mehr als 90 Dezibel ausgesetzt. Die Wissenschaftler untersuchten dabei auch den für die frühen Morgenstunden typischen REM-Schlaf, der besonders mit intensivem Traumerleben in Verbindung gebracht wird. Dieser besondere Bewusstseinszustand, der seinen Namen den gelegentlich auftretenden raschen Augenbewegungen (englisch: rapid eye movements) verdankt, zeichnet sich durch hohe Gehirnaktivität aus. In diesem Schlafstadium unterliegen wir einer vorübergehenden Lähmung, nicht zuletzt um mögliche Traumerlebnisse körperlich nicht auszuleben.

Die spannende Entdeckung: der REM-Schlaf kann in zwei unterschiedliche Aktivitätsphasen unterschieden werden. Wenn besonders viele rasche Augenbewegungen aufgezeichnet wurden, war die Aktivität in verschiedenen Gehirnregionen besonders hoch. Auch die Areale, die das Gefühlsleben bestimmen, zeigten dabei eine hohe Aktivität. Die von außen eingespielten Geräusche wurden jedoch offensichtlich vom Gehirn in diesen Phasen ausgeblendet. Die hohe Gehirnaktivität deuten die Forscher als neurologisches Korrelat des – oftmals intensiven – Traumerlebens.

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„Da währenddessen auf äußere Reize kaum reagiert werden kann und der Schläfer quasi wehrlos ist, tauchen diese intensiven Phasen in immer wiederkehrenden, aber meist sehr kurzen Perioden auf“, erklärt Michael Czisch. Nicht zuletzt zum Schutz des schlafenden Organismus liegen dazwischen REM-Schlaf-Phasen, bei denen die Reaktionsfähigkeit auf Außenreize wieder erhöht ist – in diesen Phasen kann uns das Klingeln eines Weckers dann wieder erreichen.

(MPG, 26.03.2007 – NPO)

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