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Klima

Golfstrom trotzt Klimawandel

Langzeitstudie liefert neue Erkenntnisse

Die großen Meeresströmungen im Nordatlantik unterliegen starken natürlichen Schwankungen, es gibt aber bisher keine Indizien dafür, dass sich der Golfstrom als Folge des Klimawandels bereits abschwächt. Dies ist das Ergebnis einer neuen Langzeitstudie, die Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Meeresforschung (IFM-GEOMAR) und der Universität Kiel durchgeführt haben.

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Schon seit 1996 untersuchen die Forscher die Meeresströmungen im Nordatlantik. Als Schlüsselregion bestimmt dieser Bereich des Weltozeans nicht nur das Klima in Nordeuropa, sondern hat globale Fernwirkungen. Im Rahmen eines internationalen Symposiums stellen die Wissenschaftler nun vom 19. bis 21. März 2007 in Kiel die Ergebnisse ihrer Arbeit vor.

Starke natürliche Schwankungen

„Nahezu alle Klimamodelle zeigen, dass sich der Golfstrom in Zukunft abschwächen wird und einige unserer ausländischen Kollegen meinten, erste Anzeichen dafür in Messdaten erkennen zu können“, so Professor Claus Böning, Ozeanograph am IFM-GEOMAR und Sprecher des Sonderforschungsbereichs (SFB) 460 „Dynamik Thermohaliner Zirkulationsschwankungen“.

„Dies konnte aber in den von uns durchgeführten Langzeitbeobachtungen nicht bestätigt werden“, so Böning weiter. Der nördliche Nordatlantik ist für das Weltklima eine kritische Region. Das Absinken von Wassermassen in große Tiefen treibt eine globale Ozeanzirkulation an, die über den verlängerten Arm des Golfstroms zu einem angenehm milden Klima in Nordeuropa beiträgt.

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Dieser Prozess ist aber auch eine sehr empfindliche Stellschraube im Klimasystem und war in der Vergangenheit schon für rasche und einschneidende globale Klimaänderungen verantwortlich. Im Kieler Sonderforschungsbereich sammelten Meereswissenschaftler eine Vielzahl an Daten, die, zusammen mit hoch auflösenden Modellsimulationen, für ein wesentlich verbessertes Verständnis der komplexen Prozesse in dieser Region führten.

Klimaerwärmung in Nordeuropa doch moderater?

„Selbst wenn sich die Vorhersagen der Klimamodelle bestätigen sollten, werden wir hier in Europa nicht über kurz oder lang in eine Eiszeit rutschen“, unterstreicht auch Professor Jürgen Willebrand, einer der Autoren des jüngst veröffentlichten IPCC-Klimaberichtes, Bönings Aussage. „Bestenfalls wird die zu erwartende Klimaerwärmung in Nordeuropa etwas moderater ausfallen“, so Willebrand weiter.

In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 16 Millionen Euro geförderten Programm gab es durchaus überraschende Ergebnisse. Anders als erwartet zeigten die Strömungsmessungen am Ausgang der Labradorsee zwar große Schwankungen über Zeiträume von Wochen und Monaten, aber bislang keine dramatischen langfristigen Trends, die auf eine Abnahme der Golfstromzirkulation hindeuten würden.

Computersimulationen bestätigen Beobachtungen

Die Beobachtungen decken sich mit den Computersimulationen des sehr feinmaschigen Kieler Ozeanmodells, das mit Beobachtungsdaten der Atmosphäre angetrieben wurde. Dennoch bieten Messdaten wie Modellsimulationen noch Spielraum für Interpretationen, und so werden die derzeitigen Ergebnisse sicherlich auf der Abschlussveranstaltung des Kieler SFBs auch kontrovers diskutiert. „Wir werden diese Schlüsselregion für das globale Klima auf jeden Fall weiter im Auge behalten“, so Professor Martin Visbeck vom IFM-GEOMAR. Die Bedeutung wird auch von den Förderorganisationen wie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erkannt. Das BMBF hat einem Verbund von Kieler, Hamburger und Bremer Meereswissenschaftlern im letzten Jahr ein Forschungsprogramm zugesprochen, in dem es um den Aufbau eines „Frühwarnsystems“ für Änderungen des Golfstrom-Systems geht.

In diesem auf drei Jahre angelegten Projekt können die Untersuchungen fortgesetzt werden. Die Ergebnisse sind auch für das Kieler Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ von großer Bedeutung, das in den nächsten fünf Jahren die Chancen und Risiken, die die Ozeane darstellen, mit neuen multidisziplinären Forschungsansätzen intensiv beleuchten wird.

(idw – Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, 19.03.2007 – DLO)

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