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Medizin

Darmbakterie nutzt zelleigene Substanz als Helfershelfer

Chancen auf neue Behandlungsansätze gegen Krankenhauskeim Clostridium

Das Bakterium Clostridium difficile ist die Ursache für rund 20 Prozent aller Durchfälle nach Antibiotika-Behandlungen, 75 Prozent aller Antibiotika-assoziierten Dickdarmentzündungen und 100 Prozent aller Fälle der sogenannten pseudomembranösen Colitis. Jetzt haben Forscher erstmals entschlüsselt, wie es seine Wirkung im Darm entfaltet – und damit gleichzeitig den Weg für eine völlig neue, Antibiotika-freie Behandlung ermöglicht.

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Berüchtigter Krankenhauskeim

Clostridium difficile ist ein Bakterium, das im Darm Giftstoffe freisetzt, die anfänglich Durchfälle und im weiteren Verlauf schwerwiegende Dickdarmentzündungen insbesondere in Zusammenhang mit Antibiotika-Einnahme hervorruft. Erst Ende der 70er Jahre identifiziert, gilt der Erreger inzwischen als der bedeutendste Krankenhauskeim der entwickelten Länder. Als Konsequenz des sich ausweitenden Einsatzes von Breitbandantibiotika steigt die Zahl von Infektionen, die auf diesen Keim zurückgehen, vor allem bei stationär behandelten Patienten weiter stetig an.

Aus einer 2002 veröffentlichten Studie geht hervor, dass über 17 Prozent aller Patienten, die für mehr als zwei Tage stationär im Krankenhaus behandelt wurden und eine Antibiotikatherapie bekamen, Durchfälle entwickelten, die mit dem Bakterium in Verbindung gebracht wurden. In Canada und den USA treten seit 2005 gehäuft Varianten des Erregers auf, die als deutlich gefährlicher als die bisherige isolierten Bakterien eingeschätzt werden.

Zelleigene Substanz wirkt als Auslöser

Wissenschaftler der Universität Mainz um Professor Christoph von Eichel-Streiber und Professor Hansjörg Schild haben jetzt in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Gießen, Maribor und der Mainzer Firma Proteosys erstmals aufgeklärt, wie die von den Bakterien freigesetzten Toxine wirken. "Bis zuletzt war unklar, wie die von Bakterien im Darm freigesetzten Toxine aktiviert werden, um ihre zellschädigende Wirkung zu entfalten", so von Eichel-Streiber, "die Aufgabe bestand darin, den Weg der Toxine, insbesondere deren giftiger Bruchstücke, in die Zelle hinein aufzuklären".

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Nach den Ergebnissen der Mainzer Forscher sind bestimmte, zelleigene Verbindungen so genannte Inositolphosphate die überraschende Ursache. Sie lösen die Abspaltung eines giftigen Bruchstücks der Toxine in den befallenen Zellen aus. "Dies ist das erste Beispiel eines bakteriellen Toxins, das zur Abspaltung kein zelluläres Enzym, sondern niedermolekulare Faktoren der betroffenen Zelle benutzt", erklärt Eichel-Streiber.

Diese neuen Daten eröffnen nun auch die Chance auf einen innovativen Therapieansatz: "Jetzt kann erstmals eine Behandlung von Clostridium difficile Erkrankungen entwickelt werden – ganz ohne Antibiotika einzusetzen", erklärt Schild.

(Universität Mainz, 06.03.2007 – NPO)

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