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Paläontologie

Mosasaurus jetzt mit Schnauze

Dinoschädel nach 170 Jahren wieder vollständig

Jetzt komplett: Kopf des Mosasaurus © Universität Bonn

Das Skelett eines Mosasaurus, eines krokodilähnlichen Raubdinosauriers, ist nach 170 Jahren jetzt wieder vollständig: Gestern wurde ihm in Bonn ein Abguß der bisher fehlenden Schnauzenspitze angesetzt – nach einer Odysee über mehrere Kontinente und durch mehrere Museen.

Als August Goldfuß 1842 in Mainz das Skelett eines krokodilartigen Raubsauriers vorstellte, war das eine wissenschaftliche Sensation: Es war das erste Mal, dass ein fast unversehrter fossiler Schädel des "Meeresungeheuers" Mosasaurus gezeigt wurde. Was fehlte, war allerdings die Schnauzenspitze. Erst 2004 tauchte sie in Paris wieder auf. Ein Abguss der Schnauze ist inzwischen auf dem Weg ins Goldfuß-Museum der Universität Bonn, wo auch der Rest des Skeletts lagert. Am Montag fand dort nun die "Wiedervereinigung" des Schädels statt – nach mehr als 170 Jahren. Bis Ende März sind die Knochen dann im Museum als "Fossilien des Monats" zu sehen.

Schnauze ohne Rest und Skelett ohnen Schnauze

Die Odyssee des Mosasaurus-Schädels ist auch die Geschichte eines großen Missverständnisses: Anfang der 1830er Jahre fand ein Pelzhändler am Missouri ein Skelett, das er für einen Alligator hielt. Die fossilen Knochen waren in eine Felswand eingeschlossen; die Schnauzenspitze ragte jedoch hervor. Der Händler brach sie ab und verkaufte sie im nahen St. Louis an einen Sammler. Über Umwege landete das Fragment schließlich im Besitz des Chirurgen und Naturkundlers Richard Harlan. Der hielt es für den fossilen Rest einer bis dahin unbekannten Dinosaurierart, die er 1834 auf den Namen "Ichthyosaurus missouriensis" taufte.

Zur selben Zeit unternahm der deutsche Naturkundler und Ethnologe Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied eine Expedition durch den Westen der USA. In St. Louis stieß er auf das Skelett eines alligatorähnlichen Tieres, das kurz zuvor am Missouri ausgegraben worden war. Es war ausgesprochen gut erhalten; nur die Schnauzenspitze fehlte. Prinz Maximilian ließ es nach Deutschland verschiffen und übergab es dort dem deutschen Wissenschaftler August Goldfuß.

Anprobe der Schnauze erfolgreich © Universität Bonn

Unerwartete Wiederentdeckung

Goldfuß erkannte, dass es sich um eine neue Art des Meeressauriers "Mosasaurus" handeln musste. Er bedankte sich bei seinem Gönner, indem er der Art den Namen "Mosasaurus maximiliani" verlieh. 1845 publizierte er ein Buch über den Fund, das auch ausgesprochen detaillierte Zeichnungen des Schädels enthielt. Auch Richard Harlan hatte die Schnauzenspitze mit Feder und Tusche festgehalten. Schnell mehrten sich die Stimmen, dass "sein" Fragment den Skizzen nach hervorragend an den von Goldfuß beschriebenen Fund zu passen schien.

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Einen endgültigen Beweis gab es aber nicht: Die Schnauzenspitze galt nach dem Tode Harlans als verschollen.

Bis zum Jahr 2004. Dann stießen die beiden US-Paläontologen Gordon Bell und Mike Caldwell bei Recherchen im Nationalmuseum für Naturgeschichte in Paris auf ein ungewöhnliches Knochenfragment, das ihnen bekannt vorkam: Die Schnauze des angeblichen "Ichthyosaurus missouriensis", die so lange verschwunden gewesen war. Richard Harlan hatte sie wohl kurz vor seinem Tode dem berühmten Museum vermacht. Dort hatte man es registriert und prompt vergessen.

Mit Spannung erwartet: die Schnauzen-Anprobe

Als wertvolles Belegexemplar wird die Original-Schnauzenspitze in Paris bleiben. Doch ein Abguss davon ist seit gestern in Bonn, um dort mit dem Rest des Originalskeletts vereinigt zu bleiben. "Wenn die Schnauze passt, ist endgültig bewiesen, dass Harlan keinen Ichthyosaurus beschrieben hatte, sondern eine neue Mosasaurus-Art – und das schon Jahre vor August Goldfuß", erklärt der Kustos des Museums Martin Sander. "Damit könnte der Fund so viele Jahre nach seiner Entdeckung noch einmal Wissenschaftsgeschichte schreiben."

Denn wer eine Art als erstes wissenschaftlich beschreibt, dem gebührt das Recht der Namensgebung. Schon 1969 wurde der Meeressaurier daher auf Verdacht umbenannt. In Anlehnung an Harlans ursprünglichen Vorschlag heißt er seitdem "Mosasaurus missouriensis". Tatsächlich zeigte sich gestern,,dass die Schnauze wie „angegossen“ passte. Die Sensation ist perfekt.

(Universität Bonn, 06.02.2007 – NPO)

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