Schwarze Raucher, die Geysire der Tiefsee, speien bis zu 400°C heißes Wasser. Fische, die aus Versehen in dieses Wasser hineinschwimmen, würden bei lebendigem Leibe gekocht. Doch offenbar erkennen sie die Gefahr rechtzeitig – trotz Dauerdunkel. Aber woran? Aufnahmen mit Unterwassermikrophonen zeigen jetzt, dass die Schwarzen Raucher nicht nur Geräusche von sich geben, sondern sogar individuell unterschiedlich „singen“.
Hydrothermale Schlote finden sich entlang der meisten vulkanisch aktiven ozeanischen Rücken, dort, wo neue Ozeankruste entsteht und Meerwasser durch Verwerfungen tief in den Ozeanboden eindringen kann. Hier wird es aufgeheizt, nimmt Mineralien aus dem Untergrund auf und gelangt dann über die Schlote wieder zurück an die Oberfläche. Die heißesten und aktivsten Schlote, auch als Schwarze Raucher bezeichnet, speien so Wasser, das bis zu 400°C heiß ist – eine Gefahr für alles Leben, das unverhofft in diesem Strom hineingerät.
Lauschangriff im Schlot-Feld
Seit rund 15 Jahren hat sich in der Wissenschaftlergemeinde die Ansicht gehalten, die Schlote seien still, würden ohne Geräuschentwicklung speien. Damals hatten Mikrophonaufnahmen keinerlei Geräusche ergeben. Doch konnte es wirklich sein, dass die teilweise heftigen Turbulenzen in und um die Schlote ohne Erschütterungen oder wenigstens ein Grummeln abliefen? Genau das wollte ein Forscherteam um Timothy Crone, Ozeanograph der Universität von Washington, jetzt genauer erkunden. Gleichzeitig ging es ihnen darum, eine neue, bessere Methode zu entwickeln, um über die Geräuschentwicklung möglicherweise auch den Ausstrom aus den Schloten genauer zu messen. Bisher waren solche Messungen immer nur kurzzeitig möglich, da die Instrumente in der heißen Brühe schnell ihren Geist aufgaben.
Die Wissenschaftler brachten ein Tiefsee-Aufnahmesystem im Main Endeavour Vent Field, einem Feld von aktiven Schloten knapp 500 Kilometer westlich von Seattle auf dem San Juan de Fuca Rücken aus. Insgesamt 181 Stunden lang belauschten die Mikrophone die Aktivitäten der Schlote „Sully“ und „Puffer“. Und tatsächlich – die Schwarzen Raucher waren alles andere als still: „Es klingt ein wenig wie das dumpfe Grummeln einer Lawine oder eines Waldbrands“, erklärt Crone. „Die Lautstärke liegt irgendwo zwischen einem normallauten Gespräch und einem Föhn.“
Auch resonante Töne
Doch die Vents können noch mehr: In der großen Bandbreite der Geräusche entdeckte Crone zu seiner Überraschung auch resonante Töne – die Schlote „singen“. Sowohl „Sully“ als auch „Puffer“ erzeugten solche Töne in jeweils unterschiedlichen Frequenzen, eingebettet in die diffusere Geräuschkulisse. „Durch diese resonanten Töne hat wahrscheinlich jeder Schlot im Feld seine individuelle akustische Signatur“, so Crone. Der genaue Entstehungsmechanismus dieser Töne ist allerdings noch nicht geklärt.
Die individuellen Lautsignaturen der Schlote könnten auch erklären, wie Fische es schaffen, gezielt genau die Schlote anzuschwimmen, die etwas kühleres, und damit für sie ungefährlicheres Wasser ausstoßen. Dort weiden sie die reichen Bestände an Würmern, Muscheln und anderen Ventbewohnern ab.
Stichproben der singenden Vents sind unter
http://uwnews.org/article.asp?articleID=30030 zu hören.
(University of Washington, 06.02.2007 – NPO)