Einen bisher unbekannten zellulären Mechanismus, der an der Übersetzung genetischer Informationen in Proteine beteiligt ist, haben deutsche Forscher jetzt entdeckt und in der Zeitschrift „Science“ veröffentlicht. Er sorgt dafür, dass das „Stopp-Codon“, ein Marker für das Ende einer Translation, erkannt wird.
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Die korrekte Übersetzung der genetischen Information in Proteine ist für die Zellfunktion entscheidend. Denn Übersetzungsfehler haben unter Umständen die Produktion von defekten Proteinen zur Folge. Diese wiederum können für die Zellen gefährlich sein und auch Krankheiten hervorrufen. Bisher dachte man, dass eine bestimmter Faktor, die so genannte "DEAD-box RNA helicase 5" (Dbp5), lediglich eine Funktion beim Transport der Boten-RNA vom Zellkern in das Zytoplasma ausübt. Die neue Studie brachte nun die Erkenntnis, dass Dbp5 auch eine zentrale Rolle bei der Produktion von Proteinen spielt.
Bäckerhefe als Modell
Entdeckt wurde diese Funktion durch eine junge Forschergruppe um die Heisenberg-Stipendiatin Dr. Heike Krebber vom Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung (IMT) der Philipps-Universität Marburg. Basis für die Arbeit der Wissenschaftler ist das Modellsystem der Bäckerhefe, die wie auch menschliche und tierische Zellen zur Gruppe der Eukaryonten zählt, unter anderem also über einen Zellkern verfügt. "Im Gegensatz zu den höheren Eukaryonten kann die Hefe jedoch genetisch relativ leicht verändert werden", so Krebber.
Unter anderem lassen sich Hefen so manipulieren, dass sie – anders als etwa menschliche Zellen – nur über einen einfachen Gensatz verfügen. "Daher lassen sich die Auswirkungen von Mutationen direkt studieren, ohne dass eine zweite Genkopie dies verhindern könnte", so Krebber.
Helikase Dbp5 „markiert“ Stopp-Codon
Die Baupläne der Proteine werden im Zellkern als Boten-RNA hergestellt und im Zytoplasma von den Ribosomen, großen Proteinsyntheseapparaten, in Proteine übersetzt (translatiert). Ein entscheidender Schritt ist dabei der Moment der "Translationstermination": Die Translation endet, wenn die Ribosomen auf eine besondere RNA-Sequenz stoßen, das so genannte Stopp-Codon. Erkannt wird das Stopp-Codon vom "eukaryotic Release Factor" eRF1. Ein weiterer Faktor namens eRF3 ist dann dafür verantwortlich, dass das fertiggestellte Protein aus dem Ribosom freigegeben wird, sodass es seiner Funktion in der Zelle nachkommen kann.
"Neben eRF1 und eRF3 ist unseren Forschungsarbeiten zufolge aber auch die Helikase Dbp5 für die Erkennung des Stopp-Kodons verantwortlich", erklärt Krebber. "Vereinfacht gesagt, gehen wir in unserem derzeitigen Arbeitsmodell davon aus, dass die Helikase die Funktion hat, eRF1 korrekt auf dem Stopp-Codon zu platzieren. Anschließend macht sie, indem sie sich selbst wieder aus dem Prozess entfernt, Platz für eRF3, sodass auch dieses seiner Funktion nachkommen und das fertige Protein freisetzen kann."
(Universität Marburg, 05.02.2007 – NPO)