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Chemie

Erdatmosphäre: Wassermoleküle als „Reaktionsbeschleuniger“

Forscher klären Mechanismus des katalytischen Effekts auf

Forscher untersuchen den katalytischen Einfluss von Wasser auf Reaktionen in der Atmosphäre © Universität Göttingen

Die Chemie der Erdatmosphäre ist noch längst nicht vollständig verstanden. Jetzt haben Wissenschaftler aus Göttingen zusammen mit Forschern aus den USA wichtige neue Erkenntnisse über die Rolle von Wasser in der Schutzhülle der Erde gewonnen. Danach kann bereits ein einzelnes Wassermolekül grundlegende chemische Reaktionen in der Gasphase beeinflussen und beschleunigen, die unter anderem am Abbau von Spurenstoffen beteiligt sind. Wie die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Science" berichten, konnten sie dabei gleichzeitig den Mechanismus dieses katalytischen Effekts aufklären.

"Wasser und Wassermoleküle haben auf viele chemische und biologische Systeme eine besondere Wirkung und sind für viele ungewöhnliche Phänomene in der Natur verantwortlich. In der Vergangenheit haben Wissenschaftler lebhaft darüber spekuliert, ob die Anlagerung oder die Gegenwart von Wassermolekülen chemische Reaktionen, etwa in der Gasphase, beeinflussen oder gar beschleunigen kann", erläutert Professor Bernd Abel von der Universität Göttingen, der zusammen mit dem Chemiker Professor Jürgen Troe sowie Experten der US-amerikanischen Purdue Universität in West Lafayette/Indiana an der neuen Studie beteiligt war.

Die Forscher konnten belegen, dass dies der Fall ist für bestimmte Reaktionen, an denen zum Beispiel das OH-Radikal beteiligt ist. Bei diesem so genannten Hydroxylradikal handelt es sich um eine der wichtigsten chemischen Verbindungen für den Abbau von Spurenstoffen in der Atmosphäre.

OH-Radikal im Visier

Wassermoleküle bilden bei tiefen Temperaturen spezifische Wasserstoffbrücken in lockeren Komplexen und können so Gasphasenreaktionen katalytisch beschleunigen. © Universität Göttingen

Die Wissenschaftler haben unter anderem die Reaktion zwischen einem OH-Radikal und einem polaren Molekül aus der Gruppe der Aldehyde untersucht. Hier zeigte sich, dass der Reaktionsprozess allein durch die Anlagerung eines Wassermoleküls an einen der Reaktionsteilnehmer (Aldehyd) beschleunigt wird. Dabei kommt es zur Ausbildung von spezifischen, gerichteten Wasserstoffbrücken zwischen den Teilchen, wobei das Wassermolekül chemisch nicht verändert, verbraucht oder gespalten wird. Es fungiert als "Reaktionsbeschleuniger", in dem es mit Hilfe der Wasserstoffbrücken die Barriere absenkt, die im Normalfall die chemische Reaktion begrenzt.

Damit tatsächlich ein katalytischer Effekt eintritt, muss das Wassermolekül an einer ganz bestimmten Stelle des Aldehyds positioniert sein. Reaktionsprozesse dieser Art laufen vielfach in der Atmosphäre der Erde ab.

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Chemische Reaktionen bei -250 Grad Celsius untersucht

Die Göttinger Spezialisten haben diese chemischen Reaktionen bei Temperaturen von bis zu -250 Grad Celsius in einer speziell dafür konstruierten Lavaldüsenapparatur gemessen.

Wie Abel erläutert, bieten diese tiefen Temperaturen ideale Bedingungen, um den katalytischen Einfluss von Wasser auf chemische Reaktionen in der Gasphase zu untersuchen. Die aufwendigen quantenchemischen Rechnungen, die für die Lösung des Problems erforderlich waren, wurden in den USA durchgeführt.

Die Wissenschaftler an der Georgia Augusta konnten schließlich die dynamischen Prozesse im Computer simulieren und den Effekt quantitativ deuten. Die Forschungsergebnisse bieten nach Angaben von Abel neue Ansatzpunkte für das Verständnis von Reaktionssystemen, an denen Molekül-Cluster beteiligt sind. Darüber hinaus können sie die Basis bilden für eine Vorhersage von Geschwindigkeitskonstanten in chemischen Gasphasenreaktionen mit Wasserdampf, die bisher nicht oder nur schwer zu messen sind.

(idw – Universität Göttingen, 26.01.2007 – DLO)

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