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Umwelt

Keine Entwarnung für den deutschen Wald

Zustandsbericht 2006 konstatiert gravierende Schäden

Noch immer sind mehr als ein Viertel aller Bäume in den deutschen Wäldern deutlich geschädigt. Dies geht aus dem Waldzustandsbericht 2006 hervor, den der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz, Peter Paziorek, gestern vorgelegt hat. Der Anteil der Waldfläche ohne Schadensmerkmale nahm im letzten Jahr aber immerhin etwas zu.

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28 Prozent der Waldfläche zeigen laut der Studie zurzeit eine deutliche Kronenverlichtung (Schadstufen 2 bis 4) – ein Prozent weniger als 2005. Der Anteil der so genannten Warnstufe (schwache Verlichtung) liegt mit 40 Prozent ebenfalls geringfügig unter dem Vorjahresniveau. Der Anteil der Bäume ohne Kronenverlichtung nahm zudem von 29 auf 32 Prozent zu.

Bei den Baumarten ist es die Buche (48 Prozent), die von allen den höchsten Flächenanteil mit deutlichen Kronenverlichtungen aufweist. Sie hat damit die Eiche (44 Prozent) abgelöst. Bei der Fichte zeigen 27 Prozent der Fläche deutliche Kronenverlichtungen. Am geringsten ist der Anteil bei der Kiefer mit 18 Prozent.

Die Waldbäume erholen sich laut der Studie nur langsam von den Folgen des Trockensommers 2003. Immer deutlicher zeigt sich, dass sich die Klimaextreme im Waldzustand bemerkbar machen. Hitze und Trockenheit beeinflussen nicht nur den Kronenzustand, sondern auch das Blühen und Fruchten der Waldbäume. Geschwächte Bäume begünstigen zudem die Aktivität von Forstschädlingen wie dem Borkenkäfer.

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Ergänzend zum Kronenzustand werden derzeit im Rahmen eines mehrjährigen Programms die Waldböden auf ihren Zustand untersucht. Der entsprechende Bundesbericht zur Bodenzustandserhebung im Wald soll im Jahr 2013 vorliegen. Ebenfalls in Vorbereitung ist die für das Jahr 2012 geplante dritte Bundeswaldinventur, die dazu dient, den Wald als Wirtschaftsfaktor und Rohstoffquelle zu erfassen und seine Bedeutung für den Kohlenstoffkreislauf und damit die Klimarelevanz abzuschätzen.

Bund fordert Gesundheitsreform für den Wald

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte in einer ersten Stellungnahme anlässlich der Veröffentlichung des Waldzustandsberichtes 2006 von Bundeslandwirtschafts­minister Horst Seehofer die Durchsetzung einer „Gesundheitsreform für den Wald“. Die aktuellen Zahlen über massive Baumschäden würden belegen, wie wenig die Bundesregierung bisher zur Lösung des Problems unternommen habe. Als einzige öffentlich wahrnehmbare Tat in punkto Wald lasse Seehofer derzeit prüfen, ob der Waldzustandsbericht nur noch alle vier Jahre veröffentlicht werden könne. Der BUND erwarte, dass mit der heutigen Publizierung des Berichts dieser Plan beerdigt worden sei.

Helmut Klein, Waldexperte des BUND: „Als Gesundheitspolitiker sollte Seehofer wissen, dass der Patient Wald nicht gesünder wird, wenn man ihn nicht mehr untersucht. Nur die Abkehr vom überhöhten Energieverbrauch und die Verringerung des Schadstoffausstoßes kann den Wald retten.“

Wälder seien für den Klimaschutz unverzichtbar und leideten zugleich mit am stärksten unter der Erderwärmung. Blatt- und Nadelverluste, Nottriebe, Notblüte und verstärkte Fruchtbildung seien Zeichen für den Stress, dem die Bäume ausgesetzt seien. Bei Eichen und Buchen wiesen 83 bzw. 84 Prozent der Bäume Schäden auf. Hauptverant­wortlich dafür seien auch die Luftschadstoffe aus Verkehr und Land­wirt­schaft.

Helfen Tempolimits und Energiesparen?

Als wirksame Sofortmaßnahme zum Schutz des Waldes forderte der BUND Tempolimits im Straßenverkehr und die massive Reduktion des Energieverbrauches unter anderem über eine höhere Besteuerung fossiler Energieträger. Auf Unverständnis stoße Seehofers Schweigen, wenn Verkehrsminister Tiefensee und Umweltminister Gabriel in unheiliger Allianz mit dem ADAC für das „Freie Rasen für freie Bürger“ votierten. Die inkonsequente Umwelt- und Klimapolitik der Großen Koalition werde sich verheerend auf den Zustand des Waldes auswirken. Auch im Landwirtschafts­ressort müsse Seehofer sofort handeln. Die stärkere Förderung des Ökolandbaus könne die Massentierhaltung zurückdrängen. Deren massiver Ausstoß von Ammoniak schädige den Wald besonders stark.

Der BUND bezweifelt, dass sich die Energie- und Klimaprobleme mit einer stärkeren Nutzung von Biomasse lösen ließen. Klein: „Es nützt nichts, die heutige Energiever­schwen­dung lediglich mit neuen Rohstoffen weiter aufrecht zu erhalten. Der Energieverbrauch muss drastisch gesenkt werden, das schont nicht nur Ressourcen, sondern verschont auch den Wald vor Schadstoffen.“

(BMELV/BUND, 25.01.2007 – DLO)

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