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Städtische Wirtschaft im Wandel

Transformationsprozesse im Zeitalter der Globalisierung und des Postfordismus

Canary Wharf, London © Zehner, Sept. 2006

In den städtischen Wirtschafts- und Sozialsystemen haben sich in den letzten Jahrzehnten starke Umbrüche vollzogen. Diese waren so tief greifend, wie sie wohl zuletzt in vergleichbarer Dimension während der Industriellen Revolu-tion stattgefunden haben. Doch obwohl die Ursachen vielfältig und komplex sind, so lassen sich doch die „digitale Revolution“ im Bereich der Informationsverarbeitung, Innovationen im Bereich der Verkehrstechnologien sowie die wirtschaftliche Globalisierung als zentrale Schlüsselfaktoren des Wandels der städtischen Ökonomie identifizieren.

Die Deindustrialisierung der so genannten Industrienationen begann bereits schleichend in den sechziger Jahren. Heute jedoch sind ihre Größenordnung und Auswirkungen kaum mehr zu übersehen. So hat sich beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1986 und 2006 der Anteil der Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe von circa 42 Prozent auf 20 Prozent reduziert. Während dieser Dekade stieg dagegen der Anteil der Beschäftigten in den Dienstleistungsbranchen von 53 Prozent auf 72 Prozent.

Internet beeinflusst wirtschaftliche Globalisierung

Ein entscheidender Grund für die Deindustrialisierung einstiger Industriestädte und Industrieregionen sind wirtschaftliche Globalisierungsprozesse. Globalisierung ist ein mehr-dimensionaler Begriff, der neben ökonomischen auch ökologische, kulturelle, technologische und arbeitsorganisatorische Aspekte beinhaltet. Eine entscheidende Voraussetzung für die Globalisierung der Wirtschaft stellte die Digitalisierung des Kommunikationsnetzwerks dar. Vor allem das Internet ermöglicht heute die ungehinderte weltweite Vernetzung ökonomischer Aktivitäten, bei der Richtung und Hierarchieunterschiede der Zielgebiete keine Rolle mehr spielen. Der Handel mit immateriellen Gütern hat sich von den üblichen ortsgebundenen Handelswegen gelöst.

Typische Industriebrachfläche © www.bauingenieur24.de

Zugleich hat die Digitalisierung der Kommunikation und Informationsverarbeitung auch zu einer Ausdifferenzierung von tätigkeitsbezogenen Standorten geführt. Vor allem Banken und Versicherungen sind mittlerweile dazu übergegangen, Routinetätigkeiten ohne Kundenkontakt, so genannte „back-office-activities“, aus den teuren Citystandorten in suburbane Räume zu verlagern, wo die Immobilienpreise relativ niedrig, die Verkehrsanbindungen gut und vor allem genügend Arbeitskräfte vorhanden sind.

So haben Globalisierungsprozesse zum einen eine Rehierarchisierung des globalen Städtesystems bewirkt. Zum anderen haben sie aber auch die innere Struktur von Städten beeinflusst. So bedeutet die Globalisierung der Produktion, dass sich die Zahl der Konkurrenzstandorte für traditionelle Industriestädte in als entwickelt geltenden Ländern signifikant erhöht hat. Transnationale Unternehmen können Produktionsstätten und industrielle Fertigungsanlagen als verlängerte Werkbänke in diejenigen Billiglohnländer auslagern, in denen geringe Lohnkosten, niedrige Bodenpreise, unternehmerfreundliche Besteuerungsformen und Regulationsdichten (Tarifbindungen, Sozialversicherung, Umweltauflagen) eine maximale Rendite versprechen. Die verschärfte Konkurrenz des Weltmarkts zwingt global operierende Unternehmen dazu, selbst geringfügigen Unterschieden im Hinblick auf die Arbeitskraft, die Ressourcen oder die Infrastruktur Beachtung zu schenken. Andererseits bietet ihnen das Verschwinden räumlicher Widerstände die Möglichkeit, selbst kleinste räumliche Unterschiede der Standortqualitäten auszunutzen.

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Restrukturierung von Dienstleistungsbranche

Neben der industriellen Produktion hat auch der Dienstleistungssektor erhebliche Veränderungen erfahren. Insbesondere in den Global Cities kam es zu einer deutlichen Konzentration von Unternehmenszentralen transnationaler Unternehmen, die auf räumliche Nähe untereinander, auf die Zuarbeit durch unternehmensbezogene Dienstleistungsunternehmen (Anwaltskanzleien, EDV-Unternehmen, Betriebsberatungen) sowie auf die „kreativen Milieus“ in diesen Städten angewiesen sind. Ihre Standorte, die Innenstädte, haben dadurch einen unübersehbaren Bedeutungszuwachs erfahren, der sich eindrucksvoll an der Gestaltungsvielfalt neuer, postmoderner Bürogebäude ablesen lässt.

(Zehner, Universität Köln, 19.01.2007 – AHE)

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