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Raumfahrt

Irdischer „Spion“ auf dem Roten Planeten

Deutsche Stereokamera HRSC fotografiert seit drei Jahren die Marsoberfläche

ESA-Sonde Mars Express © ESA

Vor genau drei Jahren nahm die High Resolution Stereo Camera (HRSC) an Bord der Raumsonde Mars Express ihre ersten Bilddaten von unserem Nachbarplaneten auf. Nach nunmehr 3.800 Marsumrundungen hat die Kamera eine Fläche größer als Nord- und Südamerika in einer Auflösung von zehn bis zwanzig Metern pro Bildpunkt in Farbe und in 3D aufgenommen. Ende Februar will nun die ESA über eine mögliche Verlängerung des Projekts entscheiden.

"Nach fast viertausend Marsumrundungen funktioniert das Instrument noch absolut einwandfrei", freut sich Experimentmanager Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof über die Zuverlässigkeit der HRSC, "und es spricht nichts dagegen, dass die HRSC noch viele weitere Jahre ihren Dienst verrichten wird". Das Kameraexperiment an Bord der ersten Planetensonde der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betrieben.

Zwei Drittel der Oberfläche erfasst

In einem von der Raumfahrt Agentur des DLR ab 2007 speziell geförderten Projekt werden die komplexen Bilddaten gemeinsam von der DLR und der Freien Universität Berlin zu einem globalen 3D- Bildkartenwerk aufgearbeitet. Damit wird weltweit allen Marswissenschaftlern in den kommenden Jahren der Zugriff auf so genannte digitalen Geländemodellen ermöglicht: Die HRSC wird einen topographischen Datensatz der Marsoberfläche in bisher nicht vorhandener Qualität erzeugen.

Die Aufnahmen der Stereokamera in Auflösungen von zehn bis hundert Metern pro Pixel decken inzwischen etwa zwei Drittel der Marsoberfläche ab. Ziel des Kameraexperiments ist es, bis zum vorläufigen Missionsende von Mars Express am 31. Oktober 2007 die Hälfte des Planeten in einer Auflösung von 10 bis 20 Metern pro Pixel dreidimensional und in Farbe abgetastet zu haben.

Ein 4.000 Kilometer langes Bild

"Auch heute, im Routinebetrieb, entdecken wir in den neuen Bildern immer wieder phantastische, vor allem wissenschaftlich hoch interessante Details", freut sich Gerhard Neukum. Nach drei Jahren hat die HRSC 45 Millionen Quadratkilometer in einer Auflösung zwischen zehn und zwanzig Metern pro Pixel aufgenommen. Das sind 31 Prozent der 145 Millionen Quadratkilometer messenden Marsoberfläche, die in etwa so groß ist wie die Fläche aller Kontinente auf der Erde zusammengenommen. Besser als 40 Meter pro Pixel wurden knapp 80 Millionen Quadratkilometer aufgezeichnet: Das entspricht etwa der achtfachen Fläche Europas. Insgesamt wurden 68 Prozent oder fast 100 Millionen Quadratkilometer erfasst.

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Experimentmanager Ralf Jaumann: "Mit einer Länge von 4.000 Kilometern haben wir das größte je im Sonnensystem aufgenommene Bild erzeugt!"

Gletscherspuren in der Marsregion Deuteronilus Mensae © ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)

Hierzu wurden etwa 1,5 Terabyte an komprimierten Rohdaten von Mars Express zur Erde übertragen. Das HRSC-Experiment-Team in Berlin- Adlershof dekomprimiert und kalibriert die Rohdatenpakete und prüft sie zunächst auf kleine Datenfehler. Das Experiment-Team rechnet dann alle Daten in die geometrische Projektion von Bildkarten um. Anschließend werden aus der Kombination verschiedener HRSC-Kanäle so genannte "digitale Geländemodelle" generiert, womit die dritte Dimension sichtbar gemacht wird und in den Bilddaten Höhenmessungen vorgenommen werden können. Die unterschiedlichen Datenprodukte werden nach etwa einem halben Jahr weltweit allen Wissenschaftlern über Datenarchive der ESA und NASA zur Verfügung gestellt.

Verschiedene Marsmissionen keinen Konkurrenz

Neben Mars Express befinden sich außerdem die beiden NASA-Sonden Mars Odyssey (Ankunft am Mars am 24. Oktober 2001) und Mars Reconnaissance Orbiter (Ankunft am 10. März 2006) aktiv in einer Umlaufbahn. Erst kürzlich verlor die NASA den Kontakt zum Orbiter Mars Global Surveyor, einem zehn Jahre alten, ausgesprochen erfolgreichen "Marsveteranen". Fast genauso lang wie Mars Express, nämlich seit Januar 2004, rollen mit Spirit und Opportunity zwei NASA-Rover langsam über den trockenen Marsboden. Sämtliche Marsmissionen stehen nicht zueinander in Konkurrenz sondern ergänzen sich gegenseitig im Rahmen eines weltweiten Mars Explorationsprogramms. Hierbei bilden die 3D-Bilddaten der HRSC die Grundlage für ein erstes den ganzen Mars umspannendes topographisches Kartenwerk.

Auswahl der Landeplätze für nächste Missionen

Seit den ersten Aufnahmen werden die HRSC-Bilder aber auch zur Beantwortung zahlreicher wissenschaftlicher Fragestellungen herangezogen: So konnte das 45-köpfige HRSC-Wissenschaftsteam anhand der Spuren, die Gletscher, Wasserläufe und stehende Gewässer vor Millionen oder Milliarden von Jahren auf der heute trockenen Oberfläche hinterlassen haben, einige Klarheit in die Diskussion bringen, wann und wo Wasser und Eis die Marsoberfläche gestalteten – nämlich hauptsächlich in der Frühzeit des viereinhalb Milliarden Jahre alten Planeten.

Auch bei der Auswahl zukünftiger Landeplätze unbemannter Marssonden werden die topographischen Bildkarten Verwendung finden. So plant die ESA zu Beginn des kommenden Jahrzehnts im Rahmen ihres Aurora- Programms zur intensiven Erkundung des Erdmondes und insbesondere des Mars mit dem Projekt ExoMars eine so genannte "Flaggschiffmission" zu unserem Nachbarplaneten. ExoMars wird unter anderem mit einem über weite Geländestrecken beweglichen Rover die nach wie vor ungeklärte Frage nach früherem oder sogar noch heute existentem Leben auf dem Mars zu beantworten versuchen. Das DLR wird an ExoMars mit verschiedenen wissenschaftlichen Beiträgen und technischen Entwicklungen mitwirken; auch das Team an der Freien Universität Berlin wird eine wissenschaftliche Beteiligung haben.

(Freie Universität Berlin, 11.01.2007 – NPO)

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