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Neurobiologie

Blick ins Gehirn enthüllt, warum wir kaufen

Überhöhte Preise schalten Zentrum für Vorfreude aus

Warum entscheiden wir uns dafür, bestimmte Produkte zu kaufen und andere nicht? Diese Frage haben Wissenschaftler nun zum ersten Mal mithilfe eines „Blicks ins Gehirn“ beantwortet. Die jetzt in „Neuron“ veröffentlichte Auswertung der Gehirnaktivität mittels der funktionellen Resonanztomographie (fMRI) ergab zwei Regionen, die die positiven mit den negativen Wirkungen des potenziellen Kaufes abwägen.

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Die so genannte Neuroökonomie ist der neueste Trend in der angewandten Gehirnforschung. Sie untersucht die mentalen und neuronalen Prozesse, die unsere ökonomischen Entscheidungen beeinflussen. Jetzt haben sich Forscher der amerikanischen Carnegie Mellon Universität, der Stanford Universität und der Sloan School of Management am Massachusetts Institute of Technology (MIT) zusammengetan, um eine der grundlegendsten ökonomischen Verhaltensformen zu untersuchen: Die Entscheidung für oder gegen den Kauf eines Produkts.

Verschiedene Gehirnregionen für Gewinne und Verluste?

Vorherige Studien hatten bereits festgestellt, dass bei Menschen, die mit der Möglichkeit finanzieller Gewinne oder Verluste konfrontiert werden, zwei unterschiedliche Gehirnregionen aktiviert werden. Aber welche Region war wann aktiv? Nach einer ersten Hypothese könnte die eine Region spezifisch auf die potenziellen Gewinne durch den Kauf eines Produkts reagieren, die andere aber einspringen, wenn die Käufer mit den potenziellen Verlusten durch den zu zahlenden Preis konfrontiert werden.

Jetzt wollten die Forscher wissen, ob sie diese Hypothese bestätigen können. Zudem wollten sie testen, ob sich diese Erkenntnisse nutzen lassen, um anhand der Gehirnaktivität die Entscheidung des potenziellen Käufers vorherzusagen. In den Versuchen erhielt jeder der 26 freiwilligen Probanden ein Budget von 20 Dollar, dass er oder sie entweder durch die Bestellung von Produkten ausgeben konnte oder aber behalten. Die Produkte und Preise erschienen auf einem Computerbildschirm, den die Probanden bedienen konnten, während ihre Gehirnaktivität in einem Magnetresonanztomographen aufgezeichnet wurde.

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Überhöhte Preise schalten Vorfreude und Abwägen aus

Es zeigte sich, dass bei der Präsentation eines Produkts eine unter der Hirnrinde liegende Region, der so genannte Nucleus accumbens aktiviert wurde. Er gilt unter anderem als Sitz von Vorfreude und Erwartung auf ein positives Ereignis. Wenn allerdings die Produkte mit überhöhten Preisen ausgezeichnet wurden, passierten zwei Dinge: Eine Gehirnregion namens Insula wurde aktiviert und der für das Abwägen von Gewinnen und Verlusten zuständige Gehirnbereich des mittleren präfrontalen Kortex wurde deaktiviert.

In dem Moment, in dem die mit dem Abwägen und der Vorfreude in Zusammenhang stehenden Gehirnregionen ausgeschaltet wurden – wie beispielsweise durch eindeutig überhöhte Preise, entschieden sich die Probanden immer dafür, nicht zu kaufen. Umgekehrt deutete eine starke Aktivierung dieser Regionen auf eine positive Kaufentscheidung hin. Dieser Zusammenhang war so deutlich, dass die Wissenschaftler sogar anhand der Gehirnaktivität vorhersagen konnten, wie sich ein Proband entscheiden würde.

Freude am Kaufen versus „Schmerz“ des Geldausgebens

Damit fordert die Studie die traditionelle Ansicht der Konsumentenforschung heraus. Diese geht davon aus, dass die Entscheidung der potenziellen Käufer in einem Abwägen zwischen der unmittelbaren Freude an dem gekauften Objekt und der damit möglicherweise entgangenen Freude an anderen mit diesem Geld zu erwerbenden Gegenständen besteht. Demgegenüber deuten die jetzigen Ergebnisse eher darauf hin, dass die eigentliche Entscheidung zwischen der Freude am Kauf und dem negativen Gefühl, Geld „rausrücken“ zu müssen besteht.

Dies könnte auch erklären, warum es uns so viel leichter fällt Geld auszugeben, wenn wir per Kreditkarte oder EC-Karte statt bar bezahlen. Das negative Gefühl des Geldausgebens wird durch die abstrakte digitale Bezahlung minimiert. Gleichzeitig gibt dies auch Hinweise darauf, dass die individuelle Kauffreudigkeit möglicherweise mit dem unterschiedlichen Ausmaß der negativen Gefühle zusammenhängt, die das Geldausgeben uns bereitet.

(Carnegie Mellon University, 04.01.2007 – NPO)

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