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Astronomie

Kosmische Explosion passt in keine Theorie

Lange Gammastrahlen-Ausbrüche ohne dazugehörige Supernova entdeckt

Gammastrahlenausbruch © NASA/SAO

Wieder einmal hat die Natur den Theorien der Astronomen ein Schnippchen geschlagen. Gerade als sie glaubten, die Ursache für die rätselhaften Gammastrahlenausbrüche gefunden zu haben, entdeckten Wissenschaftler gleich mehrere dieser Explosionen, die zu keiner der beiden bisher bekannten und erklärbaren Typen zu passen scheinen. Gleich vier Artikel in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Nature“ beschäftigen sich jetzt mit möglichen Erklärungen für dieses Phänomen.

Gammastrahlenausbrüche gehören zu den gewaltigsten Explosionen im Universum. Sie senden nicht nur blendende Lichtblitze und extrem energiereiche Gammastrahlung aus, sondern künden auch die Entstehung eines neuen Schwarzen Loches an. Bisher waren zwei Typen von solchen Gammastrahlenausbrüchen bekannt: kurze und lange. Die kurzen, weniger als zwei Sekunden anhaltenden Explosionen werden mit dem Verschmelzen zweier kompakter Sterne mit Massen ähnlich der der Sonne erklärt. Alle länger als zwei Sekunden dauernden Ausbrüche gelten als lang und sollten dann entstehen, wenn ein Stern mit der vielfachen Masse der Sonne am Ende seines Lebens in Form einer Supernova explodiert.

Lang, aber ohne Supernova

Doch im Sommer 2006 entdeckten Astronomen einen Gammastrahlenausbruch, der diese vermeintlich klaren Kategorien zu sprengen schien, denn er vereinte Eigenschaften der langen und der kurzen Ausbrüche in sich. Wissenschaftler rund um die Erde richteten ihre Teleskope auf die rund 1,6 Milliarden Lichtjahre entfernte Explosion, die mit 102 Sekunden eindeutig zu den langen Ausbrüchen zu gehören schien und warteten auf die begleitende Supernova. Doch es tat sich nichts. Auch bei einem zweiten Gammastrahlenausbruch, der kurz darauf entdeckt wurde, warteten die Astronomen vergeblich auf das typische zweite Aufleuchten kurz nach der Explosion. Was hatte das zu bedeuten?

Crab-Nebula - ein Supernova-Rest © NASA/STScI

„Ein unbekannter Prozess muss hier im Spiel sein, von dem wir zurzeit noch keine Ahnung haben“, erklärt Massimo Della Valle vom Osservatorio Astrofisico di Arcetri in Florenz, Hauptautor einer der vier Nature-Artikel. „Entweder ist es eine neue Art der Kollision, die lange Ausbrüche produzieren kann, oder eine neue Art von Sternenexplosion, deren Materie komplett von einem Schwarzen Loch aufgezehrt wird.“

Extremfall oder Tod der Theorie?

Auch andere Forschergruppen kommen zu dem Schluss, dass diese beiden Ausbrüche entweder Sonderfälle des langen Typs oder aber Extremfälle von kurzen Gammastrahlen-Ausbrüchen darstellen. Allerdings sind sie deutlich länger als irgendein vorher beobachteter kurzer Explosionen, und ihre Positionen in Sternentstehungsregionen naher Galaxien argumentieren stark zugunsten von massereichen Vorgänger-Sternen.

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Theoretisch käme auch noch eine dritte Möglichkeit in Frage: Es könnte sein, dass die Entfernungen der beiden Gamma-Ray-Bursts viel größer sind, als angenommen und ihre Himmelsposition nur zufällig mit den beiden Vordergrundgalaxien übereinstimmt. Nach Ansicht der Forscher erscheint es allerdings extrem unwahrscheinlich, dass diese Interpretation gleich in beiden Fällen zutreffen sollte.

“Was auch immer die Lösung dieses Problems ist, es scheint klar, dass diese neuen Ergebnisse das allgemein akzeptierte Szenario herausfordern, nachdem lange Ausbrüche immer mit einer Supernova assoziiert sind“, erklärt Daniele Malesani vom DARK Cosmology Centre. „Unsere Hoffnung ist es jetzt, mehr solcher unkonventioneller Ausbrüche zu finden. Die Jagd ist eröffnet!“

(European Southern Observatory (ESO), 22.12.2006 – NPO)

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