Alkohol schädigt das Gehirn. Doch wenn Alkoholkranke mit dem Trinken aufhören, kann sich ihr Gehirn teilweise regenerieren. Das berichten Forscher von verschiedener Universitäten in der neuen Ausgabe der Zeitschrift "Brain". Die alkoholbedingte Schäden bilden sich wahrscheinlich umso besser zurück, je früher die Betroffenen abstinent bleiben.
Die Wissenschaftler der Universitäten Würzburg, Basel, Oxford und Siena begleiteten 15 alkoholabhängige Patienten – zehn Männer und fünf Frauen – auf ihrem Weg in die Abstinenz. Mit der Magnetresonanz- (MR-) und neuesten Techniken der Datenanalyse untersuchten sie dabei Volumen, Stoffwechselprodukte und Funktion des Gehirns zu Beginn und dann wieder nach circa sechs Wochen der Alkoholabstinenz.
Es zeigte sich, dass das Gehirn durch die Abstinenz im Durchschnitt knapp zwei Prozent an Volumen gewann. Außerdem traten die Stoffwechselprodukte Cholin und N-Acetylaspartat (NAA) nun in deutlich höheren Konzentrationen auf, was auf eine Regeneration der weißen Gehirnsubstanz und auch der Nervenzellen selbst hindeutet. Ebenso verbesserten sich Konzentrations- und Aufmerksamkeit der Patienten.
Erkrankungsdauer entscheidend
Die Kapazität des Gehirns, sich von alkoholbedingten Schäden zu erholen, scheint allerdings mit längerer Erkrankungsdauer abzunehmen: So konnte der Schrumpfungsprozess des Gehirns bei dem Patienten, der über 25 Jahre und damit am längsten abhängig gewesen war, nicht gestoppt werden. Das betrachten die Forscher als Hinweis darauf, dass eine Regeneration des Gehirns nach längerem Alkoholmissbrauch unwahrscheinlicher wird.
"Diese Ergebnisse sollten Alkoholabhängige zusätzlich motivieren", erklärt Dr. Andreas Bartsch, der Leiter der Untersuchung und Neuroradiologe an der Universitätsklinik Würzburg. Seine Botschaft an die Suchtkranken: "Es lohnt sich, möglichst früh mit dem Trinken aufzuhören."
Cholin-Konzentration als treibende Kraft
Dass sich das menschliche Gehirn bei Abstinenz von alkoholbedingten Schäden zum Teil regenerieren kann, wurde bereits mehrfach vermutet. Erstmals belegen jetzt die Wissenschaftler, dass Erhöhungen der Cholin-Konzentration um durchschnittlich 10 bis 20 Prozent die treibende Kraft für messbare Volumenzunahmen des Gehirns sind, währenddessen der Anstieg des NAA als Stoffwechselprodukt der Nervenzellen um durchschnittlich 10 Prozent in direktem Zusammenhang mit der verbesserten Konzentrationsfähigkeit der Patienten stand.
Neu ist auch die Bestätigung, dass die Zunahme des Hirnvolumens durch Abstinenz offenbar nicht allein durch einen ausgeglicheneren Flüssigkeitshaushalt erklärt werden kann.
(Universität Würzburg, 19.12.2006 – NPO)