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Chemie

„Zappelnde“ Teilchen im schwerelosen Fall

Geheimnisse der Brownschen Rotation gelüftet

Fallturm in Bremen © Universität Bremen

Dem Geheimnis der so genannten Brownschen Rotation sind Physik-Studierende jetzt auf die Schliche kommen. Mithilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera filmten sie in bisher unerreichter Auflösung das „Zappeln“ von Mikropartikeln in einem Gas unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit. Ihre Ergebnisse sind jetzt in der renommiertesten Physik-Zeitschrift "Physical Review Letters" veröffentlicht worden.

Albert Einstein hat 1905 das Phänomen der "Brownschen Bewegung" beschrieben, das auch für Rotationen gelten muss. Er erkannte, dass kleine Partikel, wie zum Beispiel Staubkörner, in Gasen zuckende Bewegungen vollziehen. Von allen Seiten stoßen nämlich die Moleküle der umgebenden Gase an die zwar größeren, aber ausschließlich unter dem Mikroskop sichtbaren Teilchen. Bislang war diese "zappelnde" Rotation nur unzureichend erforscht und noch nicht im Experiment beobachtet worden.

4,7 Sekunden Schwerelosigkeit

Die Untersuchung der Brownschen Rotation mikroskopisch kleiner Partikel in verdünnten Gasen ist nur unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit zu untersuchen. Im Labor führt das Absinken der Teilchen nämlich immer automatisch zu einer Beeinflussung der Rotation der Partikel. Im Fallturm Bremen dagegen herrscht für 4,7 Sekunden ausgezeichnete Schwerelosigkeit, so dass dort die Partikel relativ zum Gas in Ruhe sind. Somit lassen sich Brownsche Bewegung und Brownsche Rotation und deren gegenseitige Beeinflussung untersuchen.

Im Sommer 2005 haben die vier angehenden Physiker fünfzehn Abwürfe im Bremer Fallturm durchgeführt und filmisch mit einer Hochgeschwindigkeitskamera dokumentiert. Sie haben dabei die bisher weltweit höchste zeitliche und räumliche Auflösung der Bewegung in verdünnten Gasen erreicht, welche die Mikropartikel im Raum vollziehen.

Rückschluss auf Planetenentstehung

"Unsere Staubexperimente liefern uns wichtige Informationen über die Entstehung unseres Sonnensystems", erläutert Professor Jürgen Blum vom Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik der TU Braunschweig. "Im Labor und im Fallturm können wir gleichsam künstlichen Planeten bei ihrer Geburt zuschauen. Eine Besonderheit an dieser Fallturmkampagne ist, dass sie ausschließlich von unseren Studierenden durchgeführt wird. Experimentaufbau, -betreuung und -auswertung werden von einem vierköpfigen Team im Rahmen eines Mikrogravitationspraktikums in alleiniger Verantwortung betrieben." Folgemessungen können, so Blum, Aufschlüsse über die fundamentale Wechselwirkung zwischen Gasmolekülen und Feststoffpartikeln geben. Sie sollen im Frühjahr 2007 im Bremer Fallturm stattfinden.

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Neben dem grundsätzlichen Interesse an dem physikalischen Phänomen gibt es in der Astrophysik auch Anwendungen der Brownschen Rotation: Diese ungeordnete Rotationsbewegung führt im interstellaren Raum dazu, dass die Staubteilchen nicht die perfekte Ausrichtung besitzen, die sie eigentlich aufgrund der Magnetfelder aufweisen müssten. Eine Folge ist, dass das an ihnen gestreute Licht seine Polarisation verändert. In Molekülwolken und in Planetenentstehungsgebieten führt die Brownsche Rotation zu veränderten Stoß- und Wachstumsbedingungen der Staubteilchen und beeinflusst damit die Zeitdauer der Entstehung größerer Körper.

(TU Braunschweig, 18.12.2006 – NPO)

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