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Umwelt

EU gibt grünes Licht für REACH

Neue Chemikalienverordnung vom Europäischen Parlament verabschiedet

Das Europäische Parlament hat gestern den Weg frei gemacht für die EU-Chemikalienverordnung REACH, die die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe neu geregelt. Nach der Annahme des Gesetzes durch die Parlamentarier wird der EU-Ministerrat das Paket voraussichtlich auf der Tagung „Umwelt“ am 18. Dezember 2006 endgültig verabschieden. Damit kann REACH am 1. Juni 2007 in Kraft treten.

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Mit Inkrafttreten von REACH müssen die rund 30.000 heute in Gebrauch befindlichen Chemikalien in einem Zeitraum von elf Jahren registriert werden. Die erforderlichen Daten bereitzustellen und die Maßnahmen für das Risikomanagement zu ermitteln, ist Aufgabe der Industrie. Darüber hinaus erlaubt REACH eine eingehende Bewertung jener Stoffe, bei denen Verdacht auf Risiken besteht.

Zudem schreibt es ein Zulassungssystem für die Verwendung von äußerst bedenklichen Stoffen vor. Dies gilt zum einen für Stoffe, die Krebs erzeugen, bei Männern und Frauen zu Unfruchtbarkeit führen, genetische Mutationen oder Geburtsfehler verursachen, und zum anderen für Stoffe, die persistent sind und sich im Körper oder in der Umwelt anreichern.

Dieses Zulassungssystem stellt für die Hersteller einen starken Anreiz dar, auf sicherere Alternativen umzusteigen. Tatsächlich müssen sämtliche Zulassungsanträge eine Analyse der Alternativen und einen Umstellungsplan enthalten, sofern eine geeignete Alternative besteht.

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Wissen über Chemikalien erweitern

Die Europäische Kommission hat in einer ersten Stellungnahme die Zustimmung des Europäischen Parlaments zur REACH-Verordnung begrüßt. Der Kompromiss zwischen Rat und Europäischem Parlament wird, so die EU-Kommission, den Schutz von Gesundheit und Umwelt verbessern und gleichzeitig die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit erhalten.

EU-Kommissionsvizepräsident Günter Verheugen sagte: „Von besonderer Bedeutung ist, dass die Lösung, auf die wir uns schließlich einigen konnten, auf die besondere Lage der KMU Rücksicht nimmt. Außerdem ersetzen wir auf diese Weise 40 Rechtsakte durch eine einzige Verordnung, was ein weiteres Beispiel aus der Praxis für die bessere Rechtsetzung und den Bürokratieabbau in Europa darstellt.“

EU-Umweltkommissar Dimas ergänzte: „Durch REACH werden wir unser Wissen über Chemikalien erweitern, die Sicherheit verbessern und die Innovation antreiben und gleichzeitig vermehrt dafür sorgen, dass hochgefährliche Stoffe durch unbedenklichere ersetzt werden.“

REACH: Kaum geboren, schon geschwächt?

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace und WECF (Women in Europe for a Common Future) haben das vom Europäischen Parlament beschlossene EU-Chemikaliengesetz REACH jedoch als zu schwach kritisiert. So dürften Krebs erregende, die Fruchtbarkeit schädigende und hormonell wirksame Chemikalien weiter vermarktet werden, selbst wenn sichere Ersatzstoffe vorhanden seien. Der Bundesregierung warfen die Verbände vor, den verbindlichen Ersatz besonders gefährlicher Risiko-Chemikalien verhindert zu haben.

Patricia Cameron, Chemikalienexpertin des BUND: „REACH hat das Gezerre um seine Verabschiedung glücklicherweise überlebt, ist im Ergebnis aber unzureichend. Ursprünglich sollten mit dem Gesetz Menschen und Umwelt besser vor giftigen Chemikalien geschützt werden. Mit der heute beschlossenen Verordnung können jedoch viele gesundheits­schädliche Chemikalien weiterhin in Konsumprodukten eingesetzt werden, auch wenn es sichere Alternativen gibt.“

Greenpeace-Sprecherin Corinna Hölzel kritisierte, dass die Testanforderungen für ungefähr 20000 der 30000 von REACH erfassten Chemikalien auf Druck der Industrie stark abgeschwächt wurden: „Dank der gemeinsamen Bemühun­gen der deutschen Industrie und der Bundesregierung ist aus dem Löwen REACH ein zah­mes Kätz­chen geworden. Über die Gefährlichkeit vieler Stoffe wird man auch künftig erst durch Chemie­skandale etwas erfahren. Solange giftige Chemikalien weiter vermarktet werden dürfen, besteht für die Industrie kaum Anreiz, Geld in die Entwicklung sicherer Alternativen zu investieren."

Nach der neuen Chemikalienverordnung bleiben Risiko-Chemikalien erlaubt, wenn die Hersteller behaupten, sie „angemes­sen zu kontrollieren“. REACH-Expertin des WECF, Daniela Rosche: „Es ist ein Skandal, dass Stoffe, die Fehlgeburten oder Entwicklungs­störungen bei Föten hervorrufen können, nicht ersetzt werden müssen. Damit werden auch nachkommende Generationen mit den gefährlichen Stoffen belastet.“

Die Verbände werten positiv, dass in Zukunft wenigstens die nicht abbaubaren und sich im menschlichen Körper anreichernden Stoffe durch Alternativen ersetzt werden müssen, sobald diese vorhanden sind. Auch könnten Stoffe, die in sehr großen Mengen hergestellt werden, nicht mehr ungetestet vermarktet werden. Zudem erlaube das Gesetz den Verbrauchern, von Firmen Informationen über einige besonders gefährliche Substanzen zu verlangen. Die Verbände kündigten an, die Umsetzung des Gesetzes kritisch zu begleiten.

VCI: Große Herausforderung für die Branche

REACH bleibt trotz wichtiger Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag eine große Herausforderung für die Chemie in Deutschland, erklärte dagegen der Verband der Chemischen Industrie (VCI) zum Abstimmungsergebnis im Europaparlament in Straßburg.

"Mit der Umsetzung des neuen EU-Chemikalienrechtes

kommen zusätzliche Kosten und erheblicher bürokratischer Aufwand auf die Unternehmen zu – das wird besonders für den Mittelstand ein harter Brocken", betont VCI-Präsident Werner Wenning. Unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit gerät mit REACH noch stärker unter Druck.

(EU-Kommission, BUND, DEKRA, Greenpeace, WECF, VCI, 14.12.2006 – DLO)

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