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Biologie

Wurm riecht Käfer

Fadenwürmer der Gattung Pristionchus erkennen ihre Wirtskäfer an deren Duftstoffen

Kopf eines Fadenwurms der Gattung Pristionchus © Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie

Fadenwürmer der Gattung Pristionchus sind nur etwa einen Millimeter lang, blind und leben in der Erde. Denkbar schlechte Bedingungen für die Suche nach einem Wirtskäfer für ihre Larven. Wie sie das trotzdem schaffen, haben Wissenschaftler nun aufgeklärt. Die Fadenwürmer erkennen die Käfer anhand von Duftstoffen, die die Käfer, aber auch Pflanzen aus deren Lebensraum abgeben. Je nach dem, welchen Käfer eine bestimmte Fadenwurmart bevorzugt, reagiert sie auf eine andere Duftstoff-Palette.

Die Larven einiger Fadenwurmarten der Gattung Pristionchus verbringen einen Teil ihrer Entwicklung in Käfern, wie etwa Mist- oder Kartoffelkäfern. Sie schaden den Käfern dabei aber nicht. Forscher des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen wiesen jetzt nach, dass die blinden Fadenwürmer die Wirtskäfer für ihre Larven anhand von Duftstoffen finden. Die Forscher um Ray Hong aus der Abteilung von Ralf Sommer testeten, wie vier nahe verwandte Fadenwurmarten der Gattung Pristionchus auf 31 verschiedene Substanzen ansprechen. Entsprechend ihrer bevorzugten Käferart reagierten die vier Wurmarten auf verschiedene Duftstoffe unterschiedlich schnell. Haben die Fadenwürmer eine der Substanzen aufgespürt, nähern sie sich deren Quelle.

Der Fadenwurm zieht jedoch nicht mit einem kleinen Näschen schnuppernd durchs Erdreich – er verfügt lediglich über weniger als zehn in seiner Haut versteckte Geruchsneurone. Diese Nervenzellen reagieren spezifisch auf Lockstoffe der Käfer, zum Beispiel Sexualpheromone oder Pheromone, die die Artgenossen des Käfers zu einer Futterquelle leiten sollen. Solche Substanzen sind besonders gut als Erkennungsmerkmal geeignet, da sie für jede Käferart charakteristisch sind. Außerdem erkennen die Würmer Stoffe, die Pflanzen freisetzen, wenn sie von den Käfern befallen sind. So versuchen die geplagten Pflanzen eigentlich Fraßfeinde der Käfer anzulocken. Sie signalisieren so aber auch den Würmern, dass deren Wirtskäfer an den entsprechenden Pflanzen zu finden sind.

eurone an parasitische Lebenweise angepasst

Die Wissenschaftler verglichen das chemotaktische Verhalten der Pristionchus-Arten mit Caenorhabditis elegans, einer äußerlich sehr ähnlichen Fadenwurmart, die im Kompost lebt. Dieser jedoch reagiert auf ganz andere Duftstoffe als die Pristionchus-Arten. Nahe verwandte Caenorhabditis-Arten sprechen außerdem gleich stark auf die entsprechenden Substanzen an – ganz im Gegenteil zu Pristionchus-Arten, die ihnen entwicklungsbiologisch sehr nahe stehen. Daraus schließen die Biologen, dass sich die Geruchsneurone des Fadenwurms Pristionchus grundlegend umgestaltetet haben müssen, als er sich auf Käfer als Wirtstiere spezialisierte. "Diese neuronalen Veränderungen genauer zu untersuchen, ist unser nächstes Forschungsziel", sagt Ray Hong.

Für die Ökosystem-Forschung sind die Ergebnisse ebenfalls sehr interessant: In allen Ökosystemen interagieren und kommunizieren verschiedene Arten miteinander. Es ist aber unklar, wie sich diese Arten jeweils spezifisch erkennen. "Das die Fadenwürmer auf die Sexuallockstoffe der Insekten ansprechen, war für uns sehr überraschend", sagt Ralf Sommer.

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(MPG, 06.12.2006 – NPO)

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