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Archäologie

Schatz in „Paulusgrotte“ entdeckt

Erster archäologischer Beweis für Präsenz des Apostels in Ephesos

Neu entdecktes Paulusbild © Universität Wien

Die Entdeckung war reiner Zufall: 1998 fand eine deutsche Archäologin unter den getünchten Wänden einer Höhle nahe Ephesos in der heutigen Türkei antike Malereien, darunter eine Darstellung des Apostels Paulus und der bekehrten Thekla. Jetzt sind die ersten Ergebnisse der Freilegungs- und Knoservierungsarbeiten zu sehen. Sie liefern den ersten archäologischen Beleg dafür, dass Paulus tatsächlich in Ephesos war.

Bereits 1906 wurde die mit antiken Inschriften versehene „Paulusgrotte“ vom Archäologen Friedrich August Otto Benndorf erstmals erwähnt. Als Renate Pillinger vom Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien vor fast zehn Jahren die Paulusgrotte für weitere Studien auswählte, konnte sie nicht ahnen, welche Schätze unter den übertünchten Wänden auf ihre Entdeckung warten würden.

Paulus unter der Tünche

Renate Pillinger und ihr Team säuberten die Höhle und nahmen die Inschriften an den Wänden maßstabgetreu ab. "Bei den Arbeiten wurde an manchen Stellen die weiße Tünche an den Wänden abgewetzt", schildert Pillinger, "und es sah aus, als wäre Malerei darunter." Mit Hilfe eines Kollegen forschte die Archäologin nach: Vorsichtig trugen sie bei der Paulus-Inschrift die Tünche ab – und was hervorkam, war das Antlitz des Apostels Paulus. "Ein traumhaftes Gefühl", beschreibt Renate Pillinger ihre Freude bei der Entdeckung im Jahr 1998.

Die bekehrte Thekla

Doch das war noch nicht alles. Neben Paulus sind auf der einen Seite Theoklia und auf der anderen ihre Tochter Thekla in einem Haus dargestellt und mit gemalten Beischriften versehen. Dabei handelt es sich um eine einzigartige ikonographische Umsetzung der apokryphen Geschichte von Paulus und Thekla: Die vornehme Jungfrau Thekla lauscht tagelang den Predigten des Apostels Paulus und verärgert damit ihre Mutter Theoklia ebenso wie ihren Verlobten. Der Legende nach wird sie durch Paulus vom Heidentum zum Christentum bekehrt.

Einzigartiger Beleg

"Bisher gab es keine archäologische Dokumentation über Paulus in Ephesos. Das ist der einzige Beleg", betont Renate Pillinger die Bedeutung des Funds. "Die Darstellung ist sehr gut erhalten – und noch dazu in einer Qualität, wie es sie kaum in den Malereien der römischen Katakomben gibt." Die Malerei von Paulus, der mit spitzem Bart und Stirnglatze abgebildet ist, datiert Pillinger in das Ende des 5.

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Jahrhunderts.

Tünche als Schutz

Gut für Paulus und Thekla, dass sie hinter der Tünche geschützt waren. "Es ist möglich, dass die Christen die Tünche zum Schutz der Malerei aufgetragen haben", meint Renate Pillinger. Schließlich hat man bei manchen Heiligendarstellungen Augen und Gestik ausgeschlagen, wie es auch bei der Abbildung von Theoklia der Fall ist. Paulus und Thekla hingegen sind unversehrt geblieben.

Seit der Entdeckung der Paulusgruppe wurden und werden weitere Malschichten in der Höhle freigelegt. Vier Wochen pro Jahr arbeiten vier Restauratorinnen in der Paulusgrotte – eine zeitaufwändige und kostspielige Tätigkeit, die abwechselnd vom Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien und dem Österreichischen Archäologisches Institut sowie über Drittmittel finanziert wird. In drei Jahren soll die Restaurierung der Fresken abgeschlossen sein.

Danach folgen die wissenschaftliche Dokumentation und Bearbeitung und ein Konservierungskonzept. "Ziel ist, das Monument zu erhalten und eventuell auf Anfrage für BesucherInnen zugänglich zu machen", sagt die Projektleiterin.

"Fast ein Liebesroman"

"Die Paulusgruppe ist kultur- und geistesgeschichtlich interessant", ist Renate Pillinger überzeugt. Und die Geschichte ihrer Protagonisten Paulus und Thekla sei "fast ein Liebesroman": Thekla folgt Paulus, wird von ihrer Familie verstoßen und als Christin denunziert, wird auf wundersame Weise vor Feuertod und wilden Tieren gerettet und wirkt als Missionarin. Der historische Gehalt ist umstritten. Aber eine abenteuerliche Geschichte ist es allemal – und erstklassig bebildert.

(Universität Wien, 01.12.2006 – NPO)

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