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Psychologie

Erfolg liegt in der Familie

Risikobereitschaft und Vertrauen werden von Eltern an Kinder weitergegeben

Was macht uns erfolgreich - oder nicht? © IMSI MasterClips

Ob man als Draufgänger durch's Leben geht oder Wagnisse eher scheut, hat viel mit dem eigenen Stammbaum zu tun. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) und der Universität Bonn. Demnach haben risikofreudige Eltern im Durchschnitt risikobereitere Kinder. Auch die Bereitschaft, seinen Mitmenschen zu vertrauen, wird offenbar "vererbt".

Die Ergebnisse bieten einen neuen Erklärungsansatz dafür, warum Kinder erfolgreicher Eltern es häufig ebenfalls weit bringen: Jede ökonomische Entscheidung beeinhaltet Risiken; jedes Geschäft ist zu einem Teil Vertrauenssache. Die ererbten Charaktereigenschaften könnten daher mit entscheidend für ökonomischen Erfolg sein, spekulieren die Forscher.

Risikoprofile verglichen

Die Wissenschaftler nutzten Daten des so genannten "sozioökonomischen Panels" aus den Jahren 2003 und 2004. Darin waren unter anderem 3.600 Eltern mit ihren Kindern interviewt worden. Im Durchschnitt waren die befragten Kinder 25 Jahre alt; über 40 Prozent lebten nicht mehr bei Vater und Mutter. Jedes Familienmitglied sollte seine Risikobereitschaft auf einer Skala von 0 (= gar nicht risikobereit) bis 10 (= sehr risikofreudig) abschätzen. Sie sollten diese Angabe zudem nach den Sparten Autofahren, finanzielle Angelegenheiten, Sport, Freizeit, Karriere und Gesundheit differenzieren.

"In puncto Risikofreude ähneln Kinder ihren Eltern frappierend", fasst der Bonner Ökonomie-Professor Dr. Armin Falk die Ergebnisse zusammen. "Das gilt nicht nur für die allgemeine Einschätzung, sondern auch für die verschiedenen Sparten: Es gibt ja beispielsweise Menschen, denen beim Skifahren keine Buckelpiste zu steil ist, die ihr Geld aber ganz sicher in Bundesschatzbriefen anlegen. Dasselbe Risikoprofil findet sich oft auch bei ihren Kindern."

Auch Vertrauen wird „vererbt“

Ähnlich sieht es mit der Bereitschaft aus, seinen Mitmenschen zu

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vertrauen: Auch hier fällt der Apfel nicht weit vom Stamm. "Natürlich basieren unsere Resultate auf einer Umfrage", relativiert Falk, der die Studie zusammen mit seinen IZA-Kollegen Thomas Dohmen, David Huffman und Uwe Sunde durchgeführt hat. Falk selbst ist IZA- Forschungsdirektor und leitet an der Bonner Universität das Labor für experimentelle Wirtschaftsforschung. "Unsere Experimente der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass sich die Selbsteinschätzungen sehr gut mit den tatsächlichen Charakter-Eigenschaften decken."

Gegensätze ziehen sich nicht an

Eine andere Spruchweisheit konnten die Forscher dagegen als Mythos entlarven:

Den Umfragedaten nach ziehen sich Gegensätze nicht an – stattdessen haben risikofreudige Frauen meist auch risikofreudige Ehemänner. Auch in puncto "Vertrauen" gleichen sich Ehepartner in der Regel – selbst dann, wenn sie erst vor kurzem geheiratet haben. "Bei der Partnerwahl scheinen wir darauf zu achten, dass uns der Erwählte möglichst ähnelt", interpretiert Falk die Ergebnisse.

Eltern prägen den Charakter ihrer Sprösslinge, die wiederum bevorzugt einen Lebenspartner wählen, der ihnen ähnelt: Diese beiden Effekte könnten dazu beitragen, dass sich Einstellungen wie Risikobereitschaft oder Vertrauen über Generationen hinweg "vererben". Gleichzeitig sind diese Charaktereigenschaften wohl mit ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Erfolg. "Jede ökonomische Entscheidung ist riskant – ob es nun darum geht, Aktien zu kaufen, ein Haus zu bauen oder auch nur ein Studium aufzunehmen", betont Armin Falk. "Auf der anderen Seite hat Geschäftserfolg auch mit der richtigen Portion Vertrauen zu tun."

Einmal Unterschicht, immer Unterschicht?

Vielleicht bietet das einen zusätzlichen Erklärungsansatz, warum Clans wie die Kennedys oder die Krupp-Familie über Generationen hinweg Erfolg haben. "Wenn Kinder ihren Eltern in punkto Risikofreude und Vertrauen ähneln, dann werden sie sich auch in ökonomischen Fragen häufig ähnlich entscheiden wie diese", sagt der Wissenschaftler. "Wer aus einer reichen Familie stammt, hat aber natürlich auch einfach bessere Chancen im Leben." Umgekehrt könnte der "Vererbungs-Effekt"

auch die Zugehörigkeit zur viel zitierten "Unterschicht" zementieren.

Der Zürcher Ökonom Professor Ernst Fehr hat kürzlich mit demselben Fragensatz wie Falk die Risikobereitschaft von US-Amerikanern und Deutschen verglichen. Die Befragten jenseits des großen Teichs kamen dabei auf einen Durchschnittswert von 5,6 – die Deutschen sind mit 4,4 deutlich vorsichtiger. "Die USA sind ein traditionelles Einwanderungsland", sagt Falk. "Wahrscheinlich neigen gerade risikofreudige Menschen zur Emigration – zumindest gibt es Studien, die in diese Richtung deuten. Dazu kommen unsere Resultate, nach denen sich Risikobereitschaft auf irgendeine Weise 'vererbt'. Damit wird dieser Unterschied vielleicht erklärlich."

(Universität Bonn, 29.11.2006 – NPO)

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