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Medizintechnik

Knochen „sprießen“ im Speck

Biomaterial regt Knochenneubildung im Unterhautfettgewebe an

Eine neue Technik mit der Knochengewebe im Unterhautfettgewebe gezüchtet werden kann, haben Wissenschaftler entwickelt. Auf diese Weise entstehen erstmals durchblutete Gewebestrukturen, die eine Chance haben, nach Implantation dauerhaft zu überleben. Der Clou des neuen Verfahrens ist das Biomaterial NanoBone, das aus nanokristallinem Hydroxylapatit und Silicagel besteht, und die Knochenneubildung aus undifferenzierten Vorläuferzellen außergewöhnlich stark anregt.

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Im Tierexperiment und auch in Humanstudien konnten die Wissenschaftler um Professor Gerber von der Universität Rostock bereits zeigen, dass die Silicagelmatrix dieses Materials innerhalb kürzester Zeit durch körpereigene Proteine ersetzt wird, die essenziell für das Knochenwachstum sind. Das Besondere ist nun, dass das neuartige Biomaterial im Unterhautfettgewebe im Zusammenspiel mit den so genannten adulten Stammzellen eine gut sichtbare Knochenbildung hervorruft, womit vollkommen neuartige Anwendungen möglich sind.

Entzündungen, operative Entfernung eines Tumors oder Unfälle können den Knochen schädigen. Wenn diese Knochenlücken nicht rechtzeitig behandelt und aufgefüllt werden, wächst dort Bindegewebe nach, was zu mechanischen und funktionellen Einschränkungen führen kann. Um dies zu verhindern, werden diese Lücken bis heute häufig mit körpereigenem Knochen, der beispielsweise aus der Hüfte entnommen wird, aufgefüllt. Dies stellt eine zusätzliche, belastende Operation für den Patienten dar.

Eine Alternative sind anorganische Biomaterialien, die in den geschädigten Knochen eingesetzt werden und ein Gerüst für das wieder nachwachsende Gewebe bilden. "Der Knochen ist ein lebendes Gewebe. Knochen wird ständig auf- und abgebaut. Bislang verwendete Implantate können in diese Umbauprozesse nicht einbezogen werden und bleiben daher ein Fremdkörper, der die mechanischen Eigenschaften des nachwachsenden Knochengewebes ungünstig beeinflussen kann. Häufig treten auch Entzündungen an den Übergängen zwischen Gewebe und Implantat auf", beschreibt Gerber die Probleme mit derzeitigen Alternativen zum körpereigenen Knochenersatz.

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NanoBone sorgt für intakte Knochenstruktur

Auch bisherige Versuche Knochengewebe zu züchten, sind problematisch. Denn bei der Zucht in vitro, dem so genannten tissue engineering, entstehen keine Blutgefäße, die die Versorgung des Knochengewebes nach Implantation sicherstellen. Das gezüchtete Gewebe stirbt deshalb kurz nach dem Einsetzen ab. Gerber und seine Kollegen scheinen mit NanoBone nun einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden zu haben.

"Es entsteht eine intakte Knochenstruktur mit allen knochentypischen Zellarten und Blutgefäßen", berichtet Gerber. In dem neu entstandenen Knochenstück finden außerdem die für Skelettknochen typischen Um- und Abbauprozesse statt, selbst nach vier Monaten wuchs das Gewebe noch weiter – und das ist absolut neu und Bahn brechend.

Bildung von Knorpel provozieren

Das Wissenschaftlerteam um Gerber und Professor Vollmar, Experimentelle Chirurgie, Professor Gundlach, Mund-Kiefer- Gesichtschirurgie und Professor Mittlmeier, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie plant nun, die Prozesse der Knochenneubildung im Fettgewebe genau zu analysieren und die Struktur von NanoBone weiter zu verbessern.

Im nächsten Schritt will die Forschergruppe zwischen zwei so entstandenen Knochenstücken gezielt die Bildung von Knorpel provozieren. Erste Vorarbeiten zeigen, dass dies möglich ist. Das große Ziel ist es, eine gelenkartige Struktur im Fettgewebe des Tiers zu züchten und anschließend in das Gelenk einzusetzen.

Die gewonnenen Erkenntnisse sollen zu neuen Produkten der regenerativen Medizin führen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt, das zu den Gewinnern des Innovationswettbewerbs Medizintechnik 2006 gehört, mit rund 300.000 Euro.

(idw – Universität Rostock, 17.11.2006 – DLO)

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