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Medizintechnik

Horchen statt Röntgen

Luftvibrationen ersetzen Strahlung bei neuem bildgebenden Verfahren

Eine neue Untersuchungstechnik für Lunge und Atemwege kommt ohne Röntgen aus und eröffnet neue diagnostische Perspektiven. Das Prinzip: Die Vibrationen der Luft bei der Passage der Atemwege werden registriert und in eine grafische Darstellung umgerechnet.

Das als "Vibration Response Imaging" (VRI) bezeichnete neuartige Verfahren wurde in Israel von einem Kinderarzt in Zusammenarbeit mit einem Mathematiker entwickelt. Es nutzt die Vibrationen der Luft bei der Bewegung durch die Atemwege, um die Lunge und ihre Funktion bildhaft darzustellen. Die nur dem Stethoskop des Arztes zugänglichen leisen Strömungsgeräusche in den Bronchien werden durch eine ganze Batterie von Mikrophonen, die dem Patienten auf den Rücken gelegt werden, innerhalb von zirka zwei Minuten erfasst und von einem Computerprogramm so umgerechnet, dass aus der Dynamik der Atmung heraus ein sich veränderndes Bild entsteht.

"So können wir nicht nur die Verteilung der Luft auf die rechte oder linke Lunge oder in die oberen oder unteren Lungenabschnitte darstellen, wir können auch die Ein- und Ausatmung bildlich verdeutlichen", erklärt Professor Dr. T.O.F. Wagner, Leiter der Abteilung für Pneumologie und Allergologie am Frankfurter Universitätsklinikum, wo das neue Verfahren nun getestet wird.

Neue diagnostische Perspektiven

Weltweit laufen inzwischen an herausragenden Zentren Untersuchungen zum neuen VRI-Verfahren. Die ersten Ergebnisse der Studien zeigen, dass mit der Methode eine Lungenentzündung sicher erfasst und diagnostiziert werden kann. Nun sollen weitere Möglichkeiten ausgelotet werden.

In Frankfurt wird der Nutzen der neuen Technik bei Lungenkrebspatienten geprüft, da sich an der Uniklinik ein überregionales Zentrum für die Versorgung dieser häufigsten Krebstodesursache entwickelt hat. Bei den teilnehmenden Patienten werden im Verlauf der Therapie immer wieder Röntgenaufnahmen gemacht. "Wir wollen mit der neuen Methode einen Teil der Röntgenuntersuchungen einsparen, um den Patienten vor Strahlung zu schützen, aber auch um Geld einzusparen", erklärt Professor Wagner.

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Ergänzung zu bewährten Methoden

Es gehe aber nicht primär um den Ersatz der bewährten Röntgentechnik, betont der Lungenspezialist. So sei im Moment noch gar nicht das gesamte Anwendungsspektrum der neuen Methode abzusehen. "Das VRI- Verfahren liefert uns viel mehr als eine Momentaufnahme, da wir auch die Lungenfunktion grafisch darstellen. Dies ist völlig neu und ungewohnt und eröffnet uns neue diagnostische Perspektiven, da zu einer Verknüpfung von Bildgebungs- und Funktionsdaten bisher eine komplexe und subjektive Zusammenschau durch den Arzt erforderlich ist", so Wagner.

Dieses Gerät könnte wie ein Ultraschallgerät in jedem Untersuchungszimmer stehen. Die Untersuchung ist nicht belastend, das Ergebnis kann sofort analysiert werden. Zudem entstehen keine Folgekosten. Da nur die Vibrationen, die ohnehin entstehen, aufgezeichnet werden, ist auch kein Risiko mit der Untersuchung verbunden.

Diagnosen erleichtert

Und noch einen Vorteil sieht Torsten Born vom Uniklinikum Frankfurt: "Mit dem neuen VRI- Verfahren wird die subjektive Interpretation durch ein Bild erleichtert: Der Vergleich zweier Bilder zum Nachweis einer Befundänderung ist viel einfacher möglich als der Vergleich zweier Geräuscheindrücke. So legen wir in unserer Untersuchung besonderen Wert auf ihre Wiederholung, etwa nach einer Therapie.“

Als eine neue, vom Pneumologen leicht zu erlernende und durchzuführende Methode hat VRI möglicherweise das Potenzial, die immensen Anforderungen an die Pneumologie der nächsten Jahre zu bewältigen, hofft Wagner: "Asthma, COPD oder Raucherbronchitis und Lungenkarzinom nehmen erschreckend zu, so dass mit den herkömmlichen Methoden zur Diagnostik und Therapieüberwachung die Lungenfachärzte überfordert und das Gesundheitssystem finanziell übermäßig belastet werden. Daher müssen wir jede Möglichkeit einer Vereinfachung und Verbesserung bei gleichzeitiger Einsparung ernsthaft prüfen."

(Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt, 13.11.2006 – NPO)

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