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Archäologie

Mögliche Königsgräber in Syrien entdeckt

Bronzezeitliche Grabstätte deutet auf „königliche Bewohner“ hin

Teil der Ausgrabungsstätte mit Eselsskeletten © Johns Hopkins University

Eine bronzezeitliche, unberührte Grabstätte in Syrien hatte vor sechs Jahren, bei ihrer Entdeckung, bereits für Aufsehen gesesorgt. Jetzt haben amerikanische Archäologen ihr ein weiteres Geheimnis entrissen: Sie ist nicht allein. Das Grab, gefüllt mit menschlichen und tierischen Knochen, goldenen und silbernen Schätzen und unzerstörten Artefakten ist nur eines von acht weiteren Grabstätten nahe der syrischen Ort Umm el-Marra. Möglicherweise handelt es sich sogar um ein Königsgrab.

Die von Forschern der amerikanischen Johns Hopkins Universität neu entdeckten Grabstätten liegen knapp 50 Kilometer östlich der Stadt Aleppo, bei Umm el-Marra in der Jabbul-Ebene Nordsyriens. Anhand von deutlichen Unterschieden in Keramikobjekten, die in den Gräbern gefunden wurden, schließen die Archäologen darauf, dass die Gräber nacheinander, in einer Zeitspanne zwischen 2.500 bis 2.200 Jahren vor Christus errichtet wurden. Da nie mehr als acht Skelette pro Grab gefunden wurden, könnte es sich um die Begräbnisstätten unterschiedlicher Familien oder Dynastien handeln.

Umm el-Marra gilt unter Archäologen als ein möglicher Ort für die sagenumwobene Stadt Tuba, eine der ersten Städte des alten Syrien und Hauptstadt eines kleinen Königreiches. Der Ort liegt an einer zur damaligen Zeit stark frequentierten Verbindung zwischen dem mesopotamischen Ur und Aleppo und war daher vermutliche eine Art Handelszentrum für Wolle und Milchprodukte aus dem Osten und Getreide aus dem Westen. Der nahe gelegene größte Salzsee Syriens trug ebenfalls zur wirtschaftlichen Bedeutung des Ortes bei.

Opfergaben deuten auf Königsgräber hin

Die neu entdeckten Gräber enthalten Anzeichen für rituelle Opferungen von Menschen und Tieren, darunter auch die Skelette von Kindern, geköpften Eseln und Welpenknochen. „Angesichts dieser Funde liegt es nahe, dass es sich bei diesem Grabkomplex um einen Königsfriedhof handelt“, erklärt Glenn Schwartz, Professor für Archäologie an der Johns Hopkins Universität. „Tieropfer waren mit Sicherheit ein wichtiger Teil dieser Kultur. Opfer von Schafen und anderen Tieren wurden den Göttern als Speisung dargebracht, aber auch den gestorbenen Ahnen.“

Archäologe Glenn Schwartz mit Tierskeletten im Umm el-Marra © Johns Hopkins University

Während Esel und Mulis heute nicht gerade hoch angesehen sind, galten sie im alten Tuba als königlich und sogar den Pferden überlegen. Denn sie waren erst seit kurzem domestiziert und ihre Besitz daher prestigeträchtig. „Ich vermute, dass das Opfer dieser Tiere in unseren Gräbern etwas mit ihrer Verbindung zu den höchsten Rängen der Gesellschaft zu tun hat“, so Schwartz. „Es ist als wenn heute eine reiche Person mit ihrem oder seinem Rolls Royce begraben wird.“ Auch die Lage der Gräber deutet auf hochrangige Tote hin: „Die Gräber liegen im höchsten und zentralsten Teil der Stadt und wäre daher von überall her sichtbar gewesen und hätten die örtliche Landschaft dominiert“, erklärt der Archäologe.

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Noch ist allerdings Einiges zu erkunden und zu analysieren, bevor die Archäologen den Grabkomplex und das, was er ihnen über Herrschaft und Rituale im frühen Syrien verraten kann, verstehen. „Wir hoffen, dass die neuen Funde von Umm el-Marra unser Wissen über die ersten komplexen Gesellschaften in Syrien erweitern. Denn diese sind zwar eng mit den Hochkulturen Mesopotamiens verbunden, haben aber ihren eigenen Charakter und Identität“, so Schwartz.

(Johns Hopkins University, 25.10.2006 – NPO)

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