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GFZ

„Schwefelfresser“ als Überlebenskünstler

Leben ohne Sonne in der Tiefen Biosphäre

Beprobung von Fluiden zur Edelgasanalytik in einer tiefen Goldmine in Südafrika © J. Lippmann-Pipke, GFZ Potsdam

Ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern hat in Südafrika 2,8 Kilometer tief unter der Erde eine isoliert und völlig unabhängig lebende Bakteriengemeinschaft aufgespürt. Die Forscher konnten dabei erstmals nachweisen, dass eine solche Mikrobengemeinschaft ausschließlich von geologisch erzeugtem Schwefel und Wasserstoff lebt. Die Bakterien befinden sich in einer alten Goldmine und existieren seit Millionen von Jahren völlig ohne Sonnenenergie.

Das seit 1998 laufende internationale Projekt wird von der Princeton University, USA, geleitet. Von deutscher Seite ist das GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) an den Untersuchungen beteiligt. Hier wurden Wasserproben aus Klüftzuflüssen in verschiedenen ultratiefen Bergwerken in Südafrika analysiert und aus den in ihnen gelösten Edelgasen deren Alter bestimmt. Dies geschieht durch Konzentrationsbestimmung von natürlich entstehenden Tochternukliden (speziell Edelgasen).

Zwischen 15 und 20 Millionen Jahre altes Wasser

Es ergab sich ein mittleres Alter der Wasserproben zwischen 15 und 20 Millionen Jahren, so die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Science". "Damit konnte einerseits gezeigt werden, dass diese Wässer über lange Zeiträume von der Oberfläche der Erde, der Atmosphäre und der jüngeren Biosphäre isoliert sind. Andererseits ist es nur aufgrund der erfolgten Datierung möglich abzuschätzen, in welchen Zeiträumen die nachgewiesenen Mengen der mikrobiologischen Verdauungsprodukte angefallen sind", erklärt die Physikerin Johanna Lippmann-Pipke vom GFZ Potsdam. "Daraus lässt sich der Nährstoffumsatz und damit die Zeitdauer für eine Verdoppelung der Anzahl der Zellen abschätzen: 45 bis 300 Jahre!"

Kultivierung im Labor nahezu unmöglich

Diese langsame Lebensweise sichert das Überleben der Mikroben in einer scheinbar unwirtlichen Tiefe, denn die Geschwindigkeit, mit der das Nährstoffangebot und damit die verfügbare Energie nachgeliefert wird, ist sehr gering. Dieser außergewöhnlich lange Zeitraum erklärt auch, warum eine Kultivierung der gefundenen Mikroben im Labor quasi unmöglich ist und wie kompliziert es ist, eindeutig nachzuweisen, wovon sie leben.

Letzteres ist dem Wissenschaftlerteam nun jedoch gelungen: Diese Mikroben leben ausschließlich von Substraten und einer Energiequelle, die völlig unabhängig von der Energie der Sonne ist. Die Energie für die mikrobielle Reduktion von Sulfat in Sulfid stammt aus radiolytisch produziertem Wasserstoff, der beim Zerfall von natürlich vorkommenden radioaktiven Stoffen (Uran, Thorium, Kalium) in Untergrund entsteht.

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Im Rahmen eines DFG-geförderten Forschungsprojekts des Internationalen Kontinentalen Forschungsbohrprogramms (ICDP) installiert das GFZ Potsdam derzeit in einem Goldbergwerk in Südafrika das weltweit tiefste Gasanalytiklabor: 3,6 Kilometer unter der Erdoberfläche werden die Gasemissionsraten aus dem Gestein während und nach Erdbeben im Detail studiert. Damit kann unter anderem auch der Fragestellung nachgegangen werden, ob geologische Störzonen bevorzugte Lebensräume solcher Bakterien sind, weil hier die für den bakteriellen Stoffwechsel nötige Energie zur Verfügung steht.

(idw – GeoForschungsZentrum Potsdam, 20.10.2006 – DLO)

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