Das Überleben aller höheren Organismen hängt von der Fähigkeit ab, bedrohliche Virusinfektionen schnell zu entdecken und so lange in Schach zu halten, bis das Immunsystem maßgeschneiderte Antikörper und Abwehrzellen produziert hat. Wissenschaftler haben nun eine bisher unbeachtete Struktur auf dem Erbgut von Grippeviren entdeckt, die von Körperzellen erkannt wird, um das Abwehrsystem des Körpers zu aktivieren.
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Das Aufspüren von Viren als körperfremde Partikel ist schwierig. Viren bestehen – im Unterschied zu Bakterien – aus demselben Material wie die Wirtszelle, welche gekapert und zu einer Virusfabrik umprogrammiert wird. Bisher ging man davon aus, dass doppelsträngige Ribonukleinsäuren, die so genannte ds-RNA, der einzige zuverlässige Indikator der Virusvermehrung sind.
Mehrere zelluläre Rezeptoren sind in der Lage, ds-RNA zu binden und eine Signalkaskade einzuleiten, die zur Produktion von Interferonen führt. Die Interferone wirken als Botenstoffe, die das betroffene Gewebe in einen "antiviralen Zustand" der erhöhten Abwehr versetzen und das Immunsystem alarmieren.
Die Forschergruppe um Dr. Friedemann Weber der Universität Freiburg konnte nun zusammen mit Kollegen des Cancer Research Institute London nachweisen, dass Grippeviren es geschafft haben, von vorneherein die Produktion des Indikatormoleküls ds-RNA zu vermeiden. Die Wissenschaftler zeigten jedoch auch, dass die Zelle dennoch einen Weg gefunden hat, Grippeviren eindeutig zu erkennen. Die Enden der viralen Erbgutstränge weisen markante Phosphatreste auf, die stark Interferon-induzierend wirken.
Virenprotein inaktiviert Rezeptor
Durch gezieltes Ausschalten zellulärer Gene identifizierten die Forscher den dafür zuständigen Rezeptor. Interessanterweise wird dieser Rezeptor wiederum von einem viralen Protein gebunden und inaktiviert, das schon lange im Verdacht stand, die Wirksamkeit der Interferonantwort zu dämpfen. Virus und Wirtsorganismus befinden sich also in einem stetigen Wettlauf, der wesentlich durch den Zeitpunkt der Interferon-Aktivierung entschieden wird, so die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Science.
Diese neuen Erkenntnisse über das besondere molekulare Kennzeichen der Grippeviren, den passenden zellulären Rezeptor und seine gezielte Ausschaltung durch ein virales Protein können helfen, therapeutische Strategien zu verbessern und neuartige Impfstoffe zu entwickeln.
(idw – Universität Freiburg im Breisgau, 19.10.2006 – DLO)