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GEOTECHNOLOGIEN

GEOTECHNOLOGIEN im Focus

Tiefe Biosphäre: Wimmelndes Leben im "Keller" der Erde

Boden mit Poren © USGS

Ganze Ozeane, völlig neue Tierarten und sogar Überlebende der Urzeit – in Jules Vernes Buch „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ hielt der Untergrund für die Entdeckungsreisenden einiges an Überraschungen bereit. Lange Zeit allerdings galt die Vorstellung von Leben unter der Erde als reine Fiktion, als absurd.

Und sie lebt doch…

Doch seit Neuestem müssen sich die Forscher hier eines Besseren belehren lassen. Denn die Erde lebt – und wie: 1985 hatten Forscher des amerikanischen Energieministeriums auf die Suche nach geeigneten Endlagern tiefe Bohrungen im Untergrund South Carolinas durchgeführt. Dabei entdeckten sie eine Sensation: Lebende Mikroorganismen in einer Tiefe von 500 Metern.

Der scheinbar so massive Fels des Untergrunds war offenbar keineswegs kompakt und steril, wie lange Zeit gedacht. Im Gegenteil: Kilometertief unter der Oberfläche tummelte sich das Leben. Inzwischen weiß man, dass sich sogar bis in 3,5 Kilometer Tiefe Bakterien, Viren und sogar Pilze finden. Sie sitzen in den winzigen Spalten und Poren – und das in gewaltigen Mengen.

…und wie!

Bis zu hundert Millionen Mikroben können sich in einem einzigen Gramm Sediment oder in einem Milliliter Grundwasser aufhalten – dies ist weitaus mehr als die gesamte Bevölkerung Deutschlands. Getrocknet und gewogen bringen diese Mikrobenmengen zwar nur wenige Mikrogramm auf die Waage, doch der Wissenschaftler Thomas Gold von der amerikanischen Cornell-Universität schätzt, dass die Masse aller unterirdischen Lebensformen die der überirdischen locker erreicht, vielleicht sogar übertreffen könnte.

Hitzeentwicklung bei Wiedereintritt in die Atmosphäre © DLR

Und das was dort lebt, ist der Wissenschaft bislang größtenteils noch völlig unbekannt. Allein in den letzten Jahren haben Mikrobiologen schon zwischen 10.000 und 15.000 neue Arten im „Keller der Erde“ entdeckt – und ein Ende ist nicht abzusehen. Erstaunlich ist diese Menge und Vielfalt des unterirdischen Lebens vor allem deshalb, weil der tiefe Untergrund eigentlich immer als lebensfeindlich galt.

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Jede Menge offene Fragen…

Genau dies aber macht diesen neu entdeckten Lebensraum so interessant. Für die Wissenschaft hat sich hier mit einem Schlag eine ganz fremde Welt aufgetan – und jede Menge offener Fragen: Wie schaffen es die Mikroben, quasi aus dem „Nichts“ Energie zu produzieren? Könnte man sich diese Methode vielleicht „abgucken“ und, in abgewandelter Form, eines Tages auch zur Energiegewinnung für die Menschheit nutzen? Und wie tolerieren sie die große Hitze im Untergrund? Welche Enzyme und Proteine helfen ihnen dabei?

Auch ganz praktische Fragen stellen sich: Wie beeinflussen die Bewohner der tiefen Biosphäre beispielsweise die Lagerung von radioaktiven Abfällen im Untergrund? Gefährden sie die Sicherheit der Lager? Oder tragen sie vielleicht sogar zum Schutz des Grundwassers und es Bodens bei, indem sie austretende Schadstoffe mit Genuss verzehren?

Die neu entdeckten, an so extreme Bedingungen angepassten Lebensformen könnten außerdem auch zu wichtigen Rohstofflieferanten werden: Schon jetzt sind die von Bakterien produzierte Enzyme, Pigmente oder Antibiotika in der Arzneimittelforschung, bei der Herstellung von Lebensmitteln, Kunststoffen oder anderen chemischen Produkten, aber auch in der Gentechnik kaum mehr wegzudenken.

…und neue GEOTECHNOLOGIEN-Projekte

Um wenigstens einige dieser offenen Fragen zu beantworten, soll die Erforschung der tiefen Biosphäre in Zukunft verstärkt gefördert werden – unter anderem auch im Rahmen des Programms GEOTECHNOLOGIEN. Forschungsaspekte zum Thema tiefe Biosphäre werden im Rahmen der aktuellen Ausschreibung zu Gashydraten auch schon jetzt mit berücksichtigt.

Erste Anfänge der „Detektivarbeit“ unter der Erde laufen jedoch bereits, sowohl in Deutschland als auch anderswo. Einige dieser Projekte und ihre Ergebnisse sollen im Laufe der nächsten Wochen hier näher vorgestellt werden.

(GEOTECHNOLOGIEN; ODP; NASA; USGS, 08.12.2003 – NPO)

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