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Neurobiologie

Bienen: Brutwärme steuert Hirnentwicklung

Temperatur beeinflusst Nervenverschaltung

Aufnahme eines fluoreszenzmarkierten Bienengehirns © Rössler

Honigbienen können im Gehirn ihrer Nachkommen die Nervenverschaltung beeinflussen. Entscheidend ist die Temperatur, bei der sie den Nachwuchs aufziehen. Das haben Neurobiologen der Uni Würzburg herausgefunden. Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in der neuesten Ausgabe der US-amerikanischen Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences).

Bevor aus den wurmähnlichen Bienenlarven erwachsene Tiere entstehen, wird eine zehn bis zwölf Tage dauernde Puppenphase durchlaufen. Dabei wird das Gehirn der Insekten komplett umgebaut. Um aus der Larve eine flugfähige Biene mit ihren beachtlichen Sinnesleistungen hervorzubringen, müssen viele Nervenverschaltungen neu angelegt werden. In diesem kritischen Zeitraum klimatisieren die Bienen ihre Bruträume besonders sorgfältig auf eine mittlere Temperatur von 35 Grad Celsius.

Bildung, Anzahl und Dichte der Nervenkontakte untersucht

Die Würzburger Wissenschaftler hatten bereits entdeckt, dass Bienen, die bei anderen Temperaturen aufwachsen, im Lernverhalten und in der Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt sind. Um zu klären, ob sich Temperaturunterschiede auch auf die Gehirnentwicklung auswirken, hielt Rösslers Doktorandin Claudia Groh Bienenpuppen bei kontrollierten Temperaturen. Anschließend nahmen die Forscher die Gehirne der frisch geschlüpften Bienen unter die Lupe. Sie markierten die Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen, die so genannten Synapsen, mit fluoreszierenden Molekülen. Somit konnten sie Bildung, Anzahl und Dichte der Nervenkontakte verfolgen.

Es stellte sich heraus, dass bereits Temperaturunterschiede von nur einem Grad Celsius die Anzahl der Synapsen in den so genannten Pilzkörpern verändern. Dabei handelt es sich um Gehirnregionen, in denen höhere Funktionen ablaufen, zum Beispiel Lernvorgänge und die Gedächtnisbildung. Besonders spannend: „Nicht alle Anteile der Pilzkörper reagierten gleichermaßen auf die Temperaturunterschiede“, so Rössler. Besonders deutlich war der Effekt in einer Region, die für die Verarbeitung von Duftreizen verantwortlich ist. In Gebieten, in denen optische Reize verarbeitet werden, war er dagegen weniger stark ausgeprägt.

Modellsystem zur Untersuchung von Umwelteinflüssen

Diese Veränderungen waren auch bei einer Woche alten Bienen noch eindeutig vorhanden. Das bedeutet, dass die Bienen über die Bruttemperatur Einfluss auf die Entwicklung und Funktion der Gehirne ihrer Nachkommen nehmen können. Die Forscher vermuten, dass die Insekten damit sogar die Arbeitsteilung in ihrem Staat regulieren.

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Diese Untersuchungen sind vor allem für die neurobiologische Grundlagenforschung interessant. Die Eigenschaften von Nervenzellen und Synapsen im Bienengehirn unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen im Gehirn des Menschen. Die von den Würzburger Forschern entdeckten Vorgänge liefern damit ein hervorragendes Modellsystem, um die Auswirkung umweltbedingter Einflüsse auf die Entwicklung und Funktion des Gehirns zu untersuchen. Dies ist laut Rössler ein besonders wichtiges Gebiet der Hirnforschung.

(idw – Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 23.03.2004 – DLO)

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