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Medizin

Neue Antibiotikaklasse in Sicht?

Totalsynthese von Platensimycin geglückt

Ein großes Problem in der Medizin ist die Resistenz von Keimen gegenüber Antibiotika, die trotz der Entwicklung immer neuer Wirkstoffe stetig zunehmen. Nun ist es gelungen, ein neuartiges Antibiotikum zu entwickeln, das an einer völlig anderen Stelle in die physiologischen Abläufe der Krankheitserreger eingreift als die bisherigen Medikamente. Der Wirkstoff Platensimycin wurde erst kürzlich aus einem Pilz isoliert und konnte nun im Labor komplett nachgebaut werden – ein wichtiger Schritt auf dem Wege zu einer neuen Antibiotikaklasse.

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Einen komplexen Naturstoff in ausreichender Menge und Reinheit zu isolieren, um weiterführende Experimente durchzuführen, ist meist eine sehr schwierige, aufwändige, wenn nicht gar unmögliche Aufgabe. Chemiker gehen dann einen anderen Weg: Sie bauen den Naturstoff im Labor von Grund auf nach. Totalsynthese nennt man diese Vorgehensweise. Eine solche Totalsynthese zu entwerfen, ist eine enorme wissenschaftliche Herausforderung. Es muss ein Weg gefunden werden, aus möglichst einfachen, verfügbaren Bausteinen ein kompliziert aufgebautes Molekül fehlerfrei zusammenzusetzen – und das in ausreichend hohen Ausbeuten bei jedem Reaktionsschritt. Einem Team um den Naturstoffchemiker K. C. Nicolaou, The Scripps Research Institute, La Jolla, und University of California, San Diego, ist jetzt die Totalsynthese von Platensimycin geglückt. Dieser Stoff wurde erst kürzlich aus dem Pilz Streptomyces platensis isoliert.

Fettsäurebiosynthese gehemmt

Platensimycin hemmt einen wichtigen Schritt der bakteriellen Fettsäurebiosynthese und legt auf diese Weise eine ganze Bandbreite Gram-positiver Bakterien lahm. Dabei ist dieser Naturstoff in der Lage, auch gefährliche Krankenhauskeime zu killen, die nicht nur gegenüber den gängigen Antibiotika, sondern auch gegenüber Reservemitteln Resistenzen entwickelt haben. Dazu zählen beispielsweise verschiedene resistente Arten von Staphylococcus aureus und Enterococcus faecium.

Platensimycin besteht aus einem ungewöhnlichen aromatischen Ring, der über eine Amidbindung mit einer kompakten Käfigstruktur verknüpft ist. Diese zwei Bausteine, jeder für sich eine wahre Herausforderung für Synthesechemiker, baute das Team zunächst einzeln nach und verknüpfte sie im letzten Schritt der Synthese miteinander. „Unsere Syntheseroute ist die Basis zur Herstellung weiterer, ähnlich aufgebauter Verbindungen,“ sagt Nicolaou. „Sie werden helfen, die Zusammenhänge zwischen der Struktur der Verbindung und ihrer Wirkung aufzuklären und eine Generation neuer antibakterieller Medikamente gezielt zu entwerfen.“

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(idw – Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V., 12.10.2006 – AHE)

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