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Baum-Code verrät Klimageschichte

Dendrochronologie als archäologisches und paläontologisches Datierungsmittel

Jahrringe im Holz erzählen nicht nur spannende Geschichten aus dem Leben eines Baumes, sondern verraten auch einiges über das Klima und die Umweltbedingungen der Vergangenheit. Doch erst mithilfe der so genannten Dendrochronologie lässt sich der Baum-Code im Stammholz entschlüsseln. Die Methode ist sogar so genau, dass sie auch als Eichmaß für die verbreitete C14- oder Radiokarbondatierung dient.

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Bäume reagieren auf Wärme, Kälte oder Trockenheit mit feinsten Nuancen im Wachstum. Kein Jahresring gleicht deshalb dem anderen, und jeder Baum entwickelt so ein eigenes Ringmuster, das seinen individuellen Standort widerspiegelt und einem genetischen Fingerabdruck nahe kommt. Bei genauer Betrachtung berichten sie von jahrelangen Dürren, tragen Spuren des letzten Schneesturms oder zeigen Male von verheerenden Feuern. Doch wie lassen sich diese Jahresringe zur Altersbestimmung nutzen?

Zählen der Jahresringe

Das Grundprinzip der Dendrochronologie ist das Crossdating. Dabei werden die Ringmuster aus dem Holz von Bäumen unterschiedlichen Alters miteinander verglichen und zeitlich verbunden. Durch das helle Früh- und das dunklere Spätholz lassen sich die Baumringe gut voneinander unterscheiden und abzählen. Das „Rückwärtszählen“ der Jahre – jeder Ring steht dabei für ein Jahr – ermöglicht eine absolute Datierung mit genauen Angaben zu Wuchszeitraum und Todesjahr des Baumholzes. Die Baumringe alter und junger Bäume weisen teilweise identische Ringmuster auf und überlappen sich, so dass man eine sehr lange kontinuierliche Reihe von Jahrringen erhält.

Wichtig ist, dass die Bäume der gleichen Art angehören und aus der gleichen geographischen Region stammen, sprich: sie müssen unter den gleichen klimatischen Bedingungen gewachsen sein. Die Dendrochronologie lässt sich zudem nur an Bäumen aus den gemäßigten Breiten anwenden, da nur diese unter Einfluss ausgeprägter Jahreszeiten auch die entsprechenden Jahresringe ausbilden.

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„Ringzauber“ entschlüsselt Zeit

So genannte Standardchronologien – bekannte und bereits datierte Abfolgen von Jahresringen – dienen dann als Referenz für bisher undatierte Holzfunde. Die Ringsequenzen der Standardchronologie und das Holz unbekannten Alters werden verglichen. Die Stelle, wo die Ringmuster übereinstimmen, markiert das Alter des Holzfundes. Mit der Methode lassen sich zum Beispiel Holzkohlen oder Baumstrünke aus Mooren datieren, aber auch Schnitzereien, Musikinstrumente, Schiffsplanken oder Bauholz.

Die bislang älteste Standardchronologie ist der Hohenheimer Jahrringkalender aus Moor-Eichen und Kiefern: Diese Jahrringreihe ist zurzeit 12.483 Jahre lang. Daneben existiert noch eine schwebende Jahrringreihe, die die gesamte Chronologie auf über 14.000 Jahre verlängern könnte. Schwebende oder auch schwimmende Chronologien sind ohne Verbindung zur Gegenwart. Sie erlauben daher lediglich eine relative Datierung mit Aussagen wie „älter als“ oder „jünger als“, aber ohne konkrete Jahresangabe.

Leonardo da Vinci auf der Spur

Der Begründer der Dendrochronologie ist Andrew Ellicott Douglass. Er entdeckte Anfang des 20. Jahrhunderts das Potenzial der Baumringe, als er eine Referenz für die Aktivität der Sonne suchte. Dass die Jahresringe Rückschlüsse auf Wetter und Klima zulassen, hatte allerdings schon Leonardo da Vinci im 15. Jahrhundert vermutet. Doch erst Douglass brachte die Kunst, Jahresringe verschieden alter Bäume zu einer ganzen Chronologie zu verbinden, zur Vollendung.

Douglass bemerkte, dass die Bäume im niederschlagsarmen Südwesten der USA auf Wasser besonders sensibel reagierten: regnet es viel, schießen die Bäume geradezu in die Höhe, ist es trocken, wachsen sie langsamer. Im einfachen Umkehrschluss lernte Douglass, aus breiten Baumringen regenreiche Jahre herauszulesen und aus schmalen Dürreperioden. Seine Entdeckung gilt als Geburtsstunde der modernen Dendrochronologie.

(Edda Schlager, Andreas Heitkamp, 02.10.2006 – AHE)

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