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Medizin

Depression: Hirnscan prognostiziert Therapieerfolg

Zusammenhang zu Unterschieden in der Hirn-Durchblutung festgestellt

Depressionen lassen sich in der Regel zwar gut mit einem ganzen Arsenal von Medikamenten und Therapien behandeln. Doch was davon in einem konkreten Fall hilft, bleibt dem Prinzip „Versuch und Irrtum“ überlassen. Bislang zumindest. Denn jetzt lässt sich mit einem Hirnscan voraussagen, ob bestimmte Präparate anschlagen werden oder nicht.

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Mediziner der Universität Bonn haben in einer umfassenden Studie wichtige Erkenntnisse zum Zusammenhang von Hirnfunktion und Wirksamkeit der Therapien bei Depressionen herausgefunden. Ihre Ergebnisse sind gerade im „Journal of Nuclear Medicine“ erschienen. 65 depressive Patienten nahmen an der Studie teil. Sie alle wurden für vier Wochen mit dem Medikament Citalopram behandelt. Das Mittel erhöht die Konzentration des so genannten Serotonins im Gehirn. Serotonin ist ein Botenstoff, der positiv auf die Stimmung zu wirken scheint. Er wird daher auch als „Glückshormon“ bezeichnet.

Dennoch half Citalopram nicht allen Patienten: Nur bei 35 von ihnen hellte sich die Stimmung deutlich auf. „Wir haben bei allen Teilnehmern zuvor die Hirndurchblutung untersucht“, sagt der Bonner Nuklearmediziner Professor Dr. Hans-Jürgen Biersack. „Und das sowohl vor Beginn der Behandlung als auch während der Therapie.“ Dabei machten Biersacks Mitarbeiter Alexius Joe sowie Astrid Zobel aus der Psychiatrie eine interessante Entdeckung: Bei den Patienten, die auf Citalopram ansprachen, war schon vor Beginn der Behandlung eine bestimmte Hirnregion besonders gut durchblutet gewesen – das so genannte Cingulum. Während der Behandlung sank die Durchblutung in diesem Bereich ab.

Depression ist nicht gleich Depression

Ganz anders dagegen die Situation bei den 30 Teilnehmern, denen das Antidepressivum nicht half: Bei ihnen war das Cingulum anfangs geringer durchblutet. Im Laufe der vierwöchigen Behandlung stieg bei ihnen die Blutversorgung in dieser Region jedoch an. „Es gibt unterschiedliche Typen von Depression, die auch unterschiedlich behandelt werden müssen“, deutet Biersack die Ergebnisse. „Die Hirnscans scheinen uns bereits im Vorfeld Hinweise geben zu können, welche Medikamente oder Therapien im konkreten Fall helfen könnten.“

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Schon seit vielen Jahren kooperiert der Direktor der Bonner Nuklearmedizin mit der Klinik für Psychiatrie unter Leitung von Professor Dr. Wolfgang Maier. Das gemeinsame Ziel: Herauszufinden, welche Gebiete im Gehirn bei der Entwicklung einer Depression eine Rolle spielen. Das Cingulum scheint eines dieser Zentren zu sein. Normalerweise spielt es wohl bei der Erinnerung eine Rolle, aber auch bei der Entstehung von Angst. Vielleicht erklärt das auch, warum depressive Patienten oft übermäßig ängstlich sind.

Genetische Ursache gesucht

Inzwischen haben die Mediziner ein weiteres Ziel im Visier: Sie wollen herausfinden, ob es für den unterschiedlichen Therapieerfolg eine genetische Ursache gibt. „Wir vermuten, dass bei den meisten Depressiven die Andockstellen für das ‚Glückshormon‘ Serotonin verändert sind“, erläutert Professor Biersack. „Diese Serotonin-Rezeptoren können aber auf unterschiedliche Weise mutieren. Und das erklärt vielleicht, warum die Betroffenen auf Medikamente wie Citalopram so unterschiedlich reagieren.“

(Universität Bonn, 29.09.2006 – NPO)

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