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Eiszeit in den Tropen

Fleischfresser geben Aufschluss über pleistozäne Umweltbedingungen

Eiszeitliche Landbrücken auf dem Sundaschelf © Christine Hertler

Eiszeiten – wer denkt da nicht an Kälte, Mammuts und Neandertaler? Doch diese Vorstellung ist einseitig, denn sie zeigt nur das eiszeitliche Leben der nördlichen gemäßigten Breiten. Dabei haben die globalen Klimaschwankungen im Pleistozän auch in den Tropen für starke Veränderungen gesorgt. So entstanden durch den tiefer liegenden Meeresspiegel zahlreiche Landbrücken, die Wanderungsbewegungen von Tier- und Pflanzenarten ermöglichten. Frankfurter Paläontologen haben nun gezeigt, dass sich mithilfe der Überreste fossiler Fleischfresser die damaligen Umweltbedingungen rekonstruieren lassen.

Die Ausdehnung oder das Abschmelzen der polaren Eiskappen beeinflusst weltweit den Meeresspiegel – so auch während der Kaltzeiten im Pleistozän. Denn wenn die Eiskappen während einer Periode der Abkühlung wachsen, sinkt entsprechend der Meeresspiegel. „So sorgte zum Beispiel eine Absenkung um etwa 30 Meter auf dem Sunda-Schelf, also dem südöstlichen Rand des asiatischen Kontinents, dafür, dass Landbrücken trocken fielen, die die großen Sunda-Inseln Sumatra, Java und Borneo mit dem Festland verbanden“, erklärt Ulrike Anders von der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/Main. „Dies macht die Erforschung des Lebensraumes und seiner Bewohner besonders interessant, da diese Landbrücken Einwanderungen ermöglichten und zum Austausch der Faunen mit Festlandsfaunen führten“, ergänzt Rebekka Volmer. Zusammen untersuchen die beiden Paläontologinnen die Veränderungen in der Zusammensetzung von Säugetier-Faunen während der Eiszeiten in den Tropen.

Schleichkatzen auf den Teller geschaut

Schleichkatze Binturong © Silke Karl

So lassen sich durch den Vergleich fossiler Arten mit ihren rezenten Repräsentanten interessante Schlussfolgerungen zur Ökologie der damaligen Zeit treffen. „Dabei bearbeiten wir vor allem Fragen zur Ernährung, Körpergröße und Fortbewegung und bringen diese in Zusammenhang mit den Lebensräumen“, erläutert Anders. In ihrer Studie widmet sie sich den Ernährungspräferenzen bei Schleichkatzen. „Denn obwohl sie ein breites Spektrum an Nahrungsquellen ausbeuten können, lassen sich drei Ernährungstypen unterscheiden; Fleisch, Frucht und Fisch bevorzugende Arten“, so Anders. Aufgrund der Zahnstrukturen heute lebender Schleichkatzen können die Wissenschaftler im Vergleich mit fossilen Zahnfunden Rückschlüsse auf das Nahrungsspektrum der Schleichkatzen im Pleistozän ziehen. „Dies gibt wiederum Anhaltspunkte über ihren Lebensraum. Beispielsweise ist ein permanent wasserführendes Gewässer für ein überwiegend Fisch fressendes Tier wichtig“, beschreibt Anders die Bedeutung der Untersuchungen.

Hyäne © Rebekka Volmer

In einer weiteren Studie beschäftigten sich die Paläontologinnen mit der Beutekonkurrenz unter den größeren Fleischfressern Javas, wie Tiger, Hyäne und Wildhund. Tiger und Wildhunde sind auch heute noch in Südostasien verbreitet, Hyänen hingegen sind auf Afrika beschränkt. Ganz anders jedoch im Pleistozän, wo sie nicht nur in Eurasien weit verbreitet waren, sondern während des Mittelpleistozäns auch Java erreichten. Nun lässt sich aufgrund der Körpermasse heute lebender Tiere auf ihre bevorzugte Beutegröße rückschließen. Ist die Körpermasse des Jägers bekannt – sie lässt sich mit Hilfe von fossilen Zähnen und Extremitätenknochen rekonstruieren – so kann dadurch die bevorzugte Beutemasse und sogar das Beutemassenspektrum abgeschätzt werden.

Hyäne und Tiger als Konkurrenten

„Die Untersuchungen haben gezeigt, dass Hyäne und Tiger besonders stark um Beute konkurriert haben, da diese nahezu dieselbe Beutemasse bevorzugten“, erklärt Volmer. „Für die Hyäne besteht allerdings die Möglichkeit, der Konkurrenz auszuweichen, indem sie sich, wie die heute lebende braune Hyäne, auf das Fressen von Aas spezialisiert.“ Möglicherweise liefert die Konkurrenz allerdings auch eine Erklärung für ihr rasches Verschwinden. Denn für eine neue Art ist es schwierig, sich in einem Ökosystem erfolgreich zu etablieren, wenn ihre ökologische Nische bereits durch Konkurrenten besetzt ist. Aber auch die Tiger reagierten auf Konkurrenten, indem ihre Körpergröße stark variierte und sich dadurch ihr Beutespektrum verschob. In weiteren Untersuchungen soll nun geklärt werden, aus welchen Tieren sich das Beutespektrum von Tigern und Hyänen genau zusammensetzte.

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Die Studien zeigen, dass die bislang in dieser Hinsicht unterschätzten Fleischfresser einen wesentlichen Beitrag zur Rekonstruktion von ökologischen Gefügen liefern können. Darüber hinaus belegen die Beispiele, welche Folgen einzelne Einwanderungsereignisse haben können und wie die Lebensbedingungen von Frühmenschen im Pleistozän Javas aussahen.

(Ulrike Anders, Rebekka Volmer / Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 08.09.2006 – AHE)

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