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Hält der Boden das aus?

Gerät simuliert dynamische Belastungen von Windparks bis Erdbeben

Wind-Offshore-Anlage © RCOM

Böden auf ihre Festigkeit zu prüfen auch unter extremen Anforderungen wie Erdbeben oder Wellen, die gegen Masten von Offshore-Windkraftanlagen anstürmen: Dies ist jetzt am DFG-Forschungszentrum Ozeanränder möglich auf einem der modernsten dynamischen Bodenbelastungsgeräte Deutschlands.

Bei einem Erdbeben rasen bis zu 10 Stoßwellen pro Sekunde durch den Boden und setzen ihn enormen Belastungen aus. Sturmwellen rollen zwar nicht so schnell hintereinander, dafür aber wesentlich ausdauernder und häufiger gegen die Masten von Offshore-Windenergieanlagen. Solche dynamischen Belastungen sind grundsätzlich anders zu bewerten als die reine statische Belastung, zum Beispiel durch ein Gebäude. Trotzdem gibt es erst seit kurzem Anlagen, die Böden auf ihre Eigenschaften gegenüber solchen dynamischen Anforderungen testen können. Eine der leistungsfähigsten Anlagen steht jetzt am Forschungszentrum Ozeanränder der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Bremen (RCOM).

Zwei Tonnen Kraft

„Das Gerät ist in Deutschland einmalig, da es sehr hohe dynamische Lasten mit sehr hoher Frequenz aufbringen kann“, erklärt Professor Tobias Mörz, Leiter der Arbeitsgruppe Ingenieurgeologie des RCOM stolz. „Bis zu zwei Tonnen Kraft übt der Stempel auf die Probe aus und das bis zu 50 Mal in der Sekunde.“ Hydraulik ist das Stichwort: Denn das benutzte Öl lässt sich als Flüssigkeit nicht zusammendrücken und ermöglicht so besser als Luft die schnellen Wechsel von Last und Entspannung. Im Betrieb ist das Gerät eher unscheinbar: Die Belastung der Probe verändert sich so schnell, dass die Vibration nur zu spüren ist, wenn man den Probenbehälter oder den Druckteller berührt.

Und doch, durch ein Fenster im Behälter kann man unter Umständen sehen, wie die eben noch so feste Probe zerbröselt – scheinbar wie von Geisterhand. Unter Umständen scheint sie sogar einfach zu zerfließen. Dieses Phänomen der Liquefaction, der Verflüssigung kann gerade bei Erdbeben vorkommen. Durch die Belastung drängt das in den Poren des Bodens vorhandene Wasser heraus. Ist der Boden aber zu dicht und lässt das Wasser nicht durch, so wird der Boden zu einem Gemisch mit der Konsistenz von Treibsand.

Benjamin Schlue am Bodenbelastungsgerät © RCOM

Die Proben mit 3,6 Zentimeter Durchmesser und circa neun Zentimeter Höhe werden zunächst in einem Behälter verpackt, der den Außendruck in der Tiefe simuliert, aus der sie stammen. Dies funktioniert selbst für Bodenproben, die aus 3.000 Metern unter der Oberfläche kommen. Der Stempel sorgt dann für die veränderliche Belastung von oben, die stufenlos von null bis zwei Tonnen variiert werden kann. „So können wir nicht nur Böden für die Eignung als Windkraft- oder Bahndammstandort testen, sondern auch Aussagen über das Verhalten bei Erdbeben treffen“, erläutert Doktorand Benjamin Schlue, der sich mit dem Verhalten von Böden unter solch dynamischen Einwirkungen beschäftigt.

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Norddeutsche Böden im Visier

„Wie groß die Teilchen sind, aus denen ein Boden aufgebaut ist, spielt eine wichtige Rolle. Ton besteht aus flachen Plättchen, die eine große Oberfläche besitzen. Zwischen ihnen bestehen Bindungskräfte, die der Verflüssigung entgegenwirken. Bei Sand fehlen solche stabilisierenden Kräfte“, erläutert Benjamin Schlue. „Wir wollen zunächst mit dem Gerät die typischen norddeutschen Böden auf ihre dynamischen Eigenschaften im Hinblick auf geplante Windparks testen – sozusagen, um uns mit dem Gerät vertraut zu machen und seine Grenzen zu testen. Dann geht es auch an größere Aufgaben: wie zum Beispiel abzuschätzen, welche Sande besonders gefährdet sind, sich zu verflüssigen, um zukünftig die Gefahren von Hangrutschungen bei Erdbebenereignissen rund um den Erdball besser beurteilen zu können.“ Doch erstmal sind die Wissenschaftler und Ingenieure der Arbeitsgruppen Marine Ingenieurgeologie und Geotechnik froh, dass das Gerät nach zwei Jahren Planung und Bau einsatzbereit ist und wollen dies am 10. Oktober mit einem kleinen Umtrunk mit Presse und Kollegen feiern.

(Kirsten Achenbach, Forschungszentrum Ozeanränder, 06.09.2006 – AHE)

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