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Mikrobiologie

Bakterien: „Quetschpumpe“ gegen Antibiotika

Bauplan der für die Resistenzentwicklung entscheidenden Pumpe aufgedeckt

Viele Bakterien „wehren“ sich gegen Antibiotika, indem sie sie einfach aus ihren Zellen pumpen und so gegen die für sie giftigen Stoffe resistent werden. Bisher war die Medizin dagegen machtlos. Jetzt jedoch haben Wissenschaftler den Bauplan einer solchen Antibiotika-Pumpe aufgedeckt. Ihre Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Science erschienen. Gelänge es, einen Hemmstoff zu entwickeln, könnten solche Pumpen blockiert und die Resistenzbildung verhindert werden.

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Lässt sich ein Bakterium, das eine Infektion verursacht, nicht durch verschiedene Antibiotika bekämpfen, spricht man von multipler Antibiotika-Resistenz oder "multidrug resistance". Besonders in klinischer Umgebung ist "multidrug resistance" ein immer häufiger auftretendes Problem und führt zu nicht bekämpfbaren – und daher oft tödlichen Infektionen insbesondere bei immungeschwächten Patientinnen und Patienten. Viele Bakterien, zum Beispiel das Darmbakterium Escherichia coli, besitzen eine Pumpe, die äusserst effektiv schädliche Substanzen, wie Antibiotika, von der bakteriellen Zelle nach aussen pumpt. Dies verhindert die Wirkung der Antibiotika und ermöglicht das Überleben der Bakterien.

„Quetschpumpe“ mit Tunnelsystem

Die Forscher Markus Seeger und Dr. Martin Pos von der Universität Zürich und Dr. André Schiefner und Prof. Kay Diederichs von der Universität Konstanz haben jetzt die Struktur, das heißt den Bauplan der Membranpumpe AcrB, einer der wichtigsten Antibiotika Resistenz- Maschinen aufgedeckt.

Erstaunt hat der Bauplan auf allen Ebenen: Es scheint, dass die Natur für den Transport von schädlichen Substanzen, wie Gallensalze und Antibiotika, eine peristaltische Pumpe, sprich Quetschpumpe, entwickelt hat. "Dem Bauplan nach beinhaltet die Pumpe ein Tunnelsystem, durch das die Antibiotika gleiten können", erklärt Martin Pos. Dieser Tunnel ist zuerst nur an einer zum Zellinnern gerichteten Seite geöffnet, um das Antibiotikum aus der Zelle zu fischen. Ist das Antibiotikum einmal im Tunnel gefangen, wird die innere Tunnelöffnung geschlossen, und gleichzeitig wird der Tunnel an der Aussenseite der Zelle geöffnet.

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Die postulierte Peristaltik bewirkt, dass das Antibiotikum aus dem nach aussen geöffneten Tunnel gequetscht wird. Ist das Antibiotikum einmal draussen und somit für das Bakterium ungefährlich, schliesst sich der Tunnel von aussen. Er öffnet sich wieder an der Innenseite, um sich das nächste Antibiotikum-Molekül zu angeln. Dieser Prozess wird ständig wiederholt und resultiert in einem kontinuierlichen Ausstrom von Antibiotika. Dies hat zur Folge, dass das Bakterium resistent ist und überlebt.

"Mit den neuen Kenntnissen des Antibiotika-Pumpmechanismus ist es denkbar, einen Hemmstoff für diese Resistenz-Pumpe zu entwickeln" erklärt Pos. Ein Molekül, das sich an den engen Stellen des Tunnels verankert und diesen somit verstopft, würde die Pumpe blockieren und die Antibiotika-Resistenz wäre aufgehoben.

(Universität Zürich, 01.09.2006 – NPO)

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