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GeoUnion

Eisige Forschung gegen Erderwärmung

Internationales Polarjahr 2007/08 in Vorbereitung

Ob Eisschilde, Landmassen oder Ozeanbecken – die Antarktis und Arktis gehören auch heute noch zu den weitgehend unerforschten Regionen unserer Erde. Dabei wird das Verständnis um die Polargebiete zunehmend wichtiger, sind sie doch Dreh- und Angelpunkt des globalen Klimageschehens. Schon heute laufen daher die Vorbereitungen für das Internationale Polarjahr 2007/08 auf Hochtouren, in dem Wissenschaftler aus aller Welt ihre Forschungsarbeiten bündeln.

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„Auch wenn Antarktis und Arktis uns weit weg erscheinen mögen, so beeinflussen sie doch maßgeblich unser Leben in Mitteleuropa“, erklärt Professor Reinhard Dietrich von der Technischen Universität Dresden, zugleich Vorsitzender der Deutschen Kommission für das Internationale Polarjahr. „So führen physikalische Prozesse im polaren Atlantik zum „Ansaugen“ von warmem Ozeanwasser aus niederen Breiten, was für das milde Klima in Westeuropa und Skandinavien sorgt. Auch die Ausdehnung des Meereises, das die Sonnenstrahlung reflektiert, hat einen entscheidenden Einfluss auf den Wärmehaushalt der Erde“, so Dietrich.

Polargebiete reagieren empfindlich auf den Klimawandel

Diese globalen Verflechtungen unterliegen einem ständigen, wenn auch normalerweise langfristigem Wandel. „Alarmierend wirken sich jedoch menschliche Einflüsse wie die Anreicherung der Erdatmosphäre mit hohen Treibhausgaskonzentrationen aus“, so Dietrich. „Diese haben bereits heute Werte erreicht, wie sie unter natürlichen Bedingungen seit Jahrmillionen nicht mehr vorgekommen sind.“ Auch wenn die Folgen des Klimawandels inzwischen hinreichend bekannt sind, so fallen genaue Prognosen doch immer noch schwer. Doch eines steht scheinbar fest – am sensibelsten auf die globale Erwärmung reagieren die Polargebiete. „Doch ohne ein solides Grundlagenwissen über die komplexen Wechselwirkungen zwischen Ozeanen, Eis und Atmosphäre können keine wirksamen Strategien für den Klima- und Umweltschutz entwickelt werden“, erklärt Dietrich.

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So führt die derzeitige globale Erwärmung neben dem Verlust von Schelfeisen und Gletschern in der Antarktis auch zu einer Verringerung des polaren Meereises. Einige große grönländische Gletscher haben im letzten Jahrzehnt ihre Fliessgeschwindigkeit nahezu verdoppelt. Das beschleunigte Abschmelzen der Eismassen könnte bereits nach einigen Jahrhunderten zu einem Meeresspiegelanstieg von mehreren Metern führen und so den küstennahen Lebensraum von Dreivierteln der Menschheit bedrohen. Die zusätzlichen Süßwassermassen würden zudem die derzeitige Ozeanzirkulation nachhaltig ändern und das Auftauen des Permafrostbodens würde eine immense Emission des Treibhausgases Methan nach sich ziehen – mit unabsehbaren Folgen für das Klima.

Gemeinsam ans Ziel

Um solche oder ähnliche Szenarien zu verhindern, wollen nun Wissenschaftler aus aller Welt noch stärker als bisher zusammenarbeiten und ihre Forschungsarbeiten bündeln. „Die Motivation für ein Internationales Polarjahr 2007/08 entsteht aus der Erkenntnis, dass nur eine umfassende, international koordinierte und multidisziplinär ausgerichtete wissenschaftliche Initiative in der Lage ist, einen heute wichtigen Erkenntnisfortschritt für die langfristige Politik der Daseinsfürsorge zu erzielen“, erklärt Dietrich die Motivation der Wissenschaftler. Der Polarforscher erhofft sich einen ähnlich großen Impuls, wie zuletzt durch das Internationale Geophysikalische Jahr (IGY) 1957/1958, dessen erfolgreicher Verlauf eine wesentliche Grundlage für den Abschluss des Antarktisvertrages bildete.

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Deutschland bringt sich als eines der führenden Länder in der internationalen Polarforschung besonders stark ein. Die logistische Grundlage hierfür bilden die Forschungsstationen in Arktis und Antarktis, die „Polarstern“ als einer der leistungsstärksten Forschungseisbrecher der Welt sowie mehrere Polarflugzeuge. Vier wesentliche Themenkomplexe gehören dabei zum deutschen Beitrag, der unter anderem von Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie weiterer Forschungseinrichtungen und universitärer Forschergruppen geleistet wird.

„Dabei geht es nicht nur darum, den Geheimnissen des Klimawandels, die an den Polen zu entschlüsseln sind, auf die Spur zu kommen“, erklärt Dietrich. „Über den Meeresboden im arktischen Ozean und das Land unter dem antarktischen Eisschild wissen wir bis heute sogar teilweise weniger als über die Rückseite des Mondes. Hier gibt es immer noch Unbekanntes zu entdecken und Lücken zu schließen, die das Verständnis der wandernden Kontinente und der Evolutionsprozesse in den Polargebieten betreffen. Somit liegen wir durchaus in der Entdeckertradition der früheren Polarjahre, auch wenn wir heute mit den technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts ausgestattet sind“, so Dietrich.

(Reinhard Dietrich, TU Dresden, 25.08.2006 – AHE)

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